Beiträge von Mina DeLacy

    Mina lauschte ihr und als sie geendet hatte, ging sie schlicht um den Schreibtisch herum, trat hinter Cait und schlang die Arme um ihre Schultern. Den Kopf legte sie an ihren Nacken an und so blieb sie für den Moment. "Also erstmal ist es Bullshit, dass du Eric den Tag versauen wirst damit... er wird sich riesig freuen und das weißt du auch. Seine Kids sind immer seine größten Schätze gewesen. Über noch eins wird er vermutlich Purzelbäume schlagen." Sie schmunzelte in sich hinein bei den Bildern, die ihr diese Vorstellung in den Kopf projizierte. "Und zweitens", fuhr sie fort, gab Cait noch einen Kuss auf die Wange und erhob sich dann wieder, wobei sie sie logischerweise losließ. "braucht es ein Dorf, um ein Kind großzuziehen, sagt man. Und da ich mich als Teil eures Dorfes verstehe, nehm ich dir die kleinen Zicken einfach mal ab. Ich geh später mit Libby zum Kindergarten, hol Ginny und Jeth ab und mit zu mir. Dann hast du ein paar Stunden, um zu Atem zu kommen und dich um dich selbst zu kümmern. Vielleicht gehst du schön essen mit Eric heute Abend? Wenn die Zwillinge mir nicht die Bude zusammen schreien, weil sie unbedingt nach Hause wollen, können sie bei mir schlafen und ich setze sie wieder im Kindergarten ab morgen früh. Was hälst du davon?" Sie lächelte die Freundin an. Vermutlich würde sie dann heute Abend nicht zu Jussie gehen, wie sie es für gewöhnlich in der jetzigen Heilungsphase abends tat, doch das war nicht weiter wild. Einen Abend würden sie dort sicher gut ohne sie auskommen.

    Mina hob die Brauen bei der Begrüßung, die Cait ihr angedeihen ließ. Unweigerlich sah sie an sich hinab und zuckte die Achseln. "Ich hab's für JorGe angezogen. Ihm fehlte ein Model. Ich weiß, das Orange beißt sich ein bisschen mit meinen Haaren, aber den Schnitt finde ich eigentlich ganz nett. Er..." Sie unterbrach sich. "... nicht wichtig", stellte sie fest. Stattdessen kam sie nun auf die Freundin zu. "Du siehst echt angepisst aus, Hon... wenn ich dich allein lassen soll, sag es ruhig. Ich dachte nur... so wie du aussahst, wollte ich wenigstens nach dir sehen."
    Bei ihr angekommen legte sie ihr die Hand auf die Schulter. "Keine schöne Nachricht, dass du schwanger bist, hmm?", forschte sie vorsichtig nach. Glücklich erschien ihr Cait nicht gerade. Sie hatte noch einige andere Sätze im Kopf, die sie sich nun verbiss. Sie wollte Cait erst einmal die Gelegenheit geben zu antworten und sie eventuell wegzuschicken, wenn ihr dies ein Bedürfnis war, bevor sie sie mit ihrem losen Mundwerk weiter traktierte.

    Mina ließ inzwischen summend die Tür zugleiten und tanzte mit der fast einjährigen Libby auf ihrem Arm Richtung Turbolift. Das kleine Mädchen trug ein gelbes Kleid mit vielen bunten Punkten und einem rüschigen Röckchen, dazu Lackschühchen und eine gelbe Rose im Haar, die Mina mit Klämmerchen festgesteckt hatte. "Du bist die Süßeste, nicht wahr? Die süßeste kleine Maus auf der ganzen Station... und auf ganz Auriga... wenn ich nicht aufpasse, wird dich noch jemand auffressen, weil du so süß bist! Du bist das süßeste Kind, das je auf der Welt war...", schnurrte Mina die Kleine an und diese strahlte zurück und wackelte aufgeregt mit den Beinchen.
    "Danke, Mum", meldete sich Micah, Minas 17-jähriger Sohn zu Wort, der hinter den beiden herschlenderte. Er trug eine Lederhose und ein mit roten Mustern besticktes, weißes Hemd, dazu Lederstiefeln mit Fransen und wirkte durch sein gutes Aussehen, sein charmantes Glitzern in den Augen und sein schiefes Grinsen ausgesprochen selbstsicher und gewitzt. "Ich ruf Jussie später an und sag ihr, dass wir ausrangiert wurden von Miss Libby. Vielleicht zieh ich dann zu ihr und werde auch ein Klingone", witzelte er und Mina grinste ihn an. "Ich will ja nicht gemein sein, aber..." "Alles, was du vor 'aber' sagst, zählt nicht. Also wirst du gleich gemein sein...", fiel Micah ihr ins Wort. Mina ließ sich dadurch allerdings nicht aus der Ruhe bringen. "... aber du bist schon als Kind von deiner jüngeren Schwester verprügelt worden, die nur eine halbe Klingonin ist. Also fürchte ich, ein Leben unter Klingonen wäre nicht so angenehm für dich, Baby", grinste sie und Micah schnaubte. "Pah. Sie hatte nur Glück!" Mina hob die Brauen. "Wirklich? Die Glückssträhne hielt 14 Jahre an... ein Wunder! So ein glückliches Kind, meine Jussie, vielleicht sollte ich sie Dabo spielen lassen, wenn das Glück so sehr mit ihr ist..." "Schon gut, Mum. Komm wieder runter", erwiderte Micah brummig und Mina grinste, streckte die freie Hand aus und strich ihm über die Schulter. "Sei nicht beleidigt. Gleich kannst du dich auf Auriga mit Cameron amüsieren."
    Während dieser Unterhaltung hatte es sie beide nunmehr bis zu Caits Quartier verschlagen und Mina drückte mit einem Finger auf den Summer. Im selben Moment öffnete sich allerdings schon die Tür und Cait und die Zwillinge liefen fast in sie hinein. "Oooooh, da seid ihr ja!", rief Mina erfreut aus und ging in die Hocke, um Ginny und Jethro an sich zu drücken. "Und ich hab eurer Mummy noch gesagt, sie soll mit euch bei mir vorbei kommen, damit ich euch tolle Kleider geben kann! Das hat sie nicht gemacht! Böse Mummy!", sagte sie und sah Cait mit einem Grinsen von unten herauf an. "Kommt der große Meister mit?" Da diese Bezeichnung bei ihr handelsüblich für Eric war, war sie sich sicher, dass Cait verstehen würde, wen sie damit meinte. "Hi, Tante Cait", grüßte Micah derweil dieselbe und hob kurz die Hand. "Ist Cameron auch da? Wäre cool, wenn wir zusammen runtergehen könnten...", fragte er nach. "Genau! Trommel die Familie zusammen, Caity! Es wäre mir ein inneres Blumenpflücken uns alle zusammen zu sehen!", rief Mina mit dem ihr eigenen Pathos in der Stimme.

    Mina war kurz davor die Augen zu verdrehen aufgrund des doch recht überflüssigen kleinen Theaterstücks, das die beiden hier gerade zum Besten gaben. "Wenn ich Ihnen beiden einen kleinen Tipp geben darf...", mischte sie sich charmant lächelnd ein. "... wenn man sich duzt, macht das Küssen mehr Spaß", lachte sie leise und winkte Helen zu sich, damit sie sich in ihren Wagen begab. Sonst würden sie hier um Mitternacht noch stehen und sie hatte ihre eigenen Verabredungen mit Cait, vielleicht Eric, vielleicht Robert und ganz vielen süßen Kindern.
    Helen kam dann auch heran und musterte die beiden Offiziere vielsagend. "Wenn Sie beide später bei mir unten vorbeikommen, dann kann ich Ihnen verraten, was die Zukunft für Sie beide bringt", verriet sie in jenem rauchig-geheimnisvollen Ton, der ihr Handwerk ausmachte. Mina musste grinsen. Früher hatte sie sämtliche Wahrsager enorm verehrt, doch seit sie Coralie kannte, traute sie allen Anderen nicht mehr so recht über den Weg. "Und wenn du ihnen was Schlechtes zu sagen hast?", forschte sie nach. "Dann verdirbst du ihnen noch den Abend." Helen winkte ab. "Schlechtes kann man abwenden. Das weißt du sehr genau, Kindchen. Du trägst doch selber ein Amulett, nicht wahr?"
    Mina hob die Brauen. "Ja. Aber nicht, weil ich Pech in der Liebe... ist ja auch egal", brach sie den Gedankengang ab und sah wieder zu den beiden Offizieren. "Sie gehen jetzt jedenfalls und schieben Ihre sieben Minuten Dienst, die sie noch haben, melden sich bei Ihrem ExO ab, bevor er einen Herzanfall bekommt, weil ihn alle im Stich lassen und machen sich einen schönen Abend. Mit oder ohne Wahrsagerei und Amulett", lächelte sie und winkte die beiden heraus. Dann tippte sie auf ihren Kommunikator und begann mit der Transportabteilung über den Beamvorgang für den Wagen zu debattieren.

    Mina musste sich um ein Pokerface wirklich bemühen. Die beiden waren zu goldig und erinnerten sie latent an Micah und Jussie in früheren Jahren, wenn man sie bei irgendwelchen Streichen erwischt hatte. Als sie beide sofort in den Salut flüchteten, lächelte sie jedoch. "Stehen Sie bequem. Beide. Und machen Sie nicht so ein Gesicht, als ob gleich die Milch sauer würde. Oder sehe ich aus, als wäre ich im Dienst?", schmunzelte sie. "Sie müssen mir gar nichts erklären, so schlimm war der Anblick nun auch nicht", grinste sie. Sie konnte nicht anders.
    Bei der Anfrage von Lieutenant Samaras schüttelte sie allerdings den Kopf. "Das geht nicht, Mr. Samaras. Dieser Transport wird registriert, ein Bericht wird verfasst über den Fehler - und zwar von Ihnen, immerhin sind Sie der CONN - und dann sollten sich die Daten miteinander decken. Ein Wagen und drei Lebenszeichen wurden erfasst, als der Wagen hierher gebeamt wurde. Dann können nicht ein Wagen und fünf Lebenszeichen runter gebeamt werden. Das verfälscht die Aufzeichnungen. Außerdem müssten Sie noch zehn Minuten im Dienst sein und ich leg mich nicht freiwillig mit Commander Craven an, weil ich seine Führungsoffiziere auf Auriga beamen lasse, bevor sie offiziell Dienstschluss haben. Das verstehen Sie sicher." Immerhin war der alte Engländer ein Griesgram erster Güte, wenn er mal schlechte Laune hatte. "Aber Sie können nach ihrem Dienstschluss ganz bequem zum TR gehen und sich beamen lassen. Das wird keine Schwierigkeiten geben. Im Moment ist sowieso reges Treiben in den TRs." Sie erinnerte sich durchaus an ihre gemeinsame Mission mit dem jungen Lieutenant. Zuweilen hatte er doch sehr interessante Ideen. Alles in allem konnten sie wohl beide froh sein, heute überhaupt hier zu stehen und dieses Gespräch führen zu können.

    Als Mina in den Arrestbereich kam, sah sie Helen, die in einer der Zellen saß und auf den Wachhabenden einredete, sofort. Dieser schenkte ihr allerdings keine Beachtung, da er die alte Dame im bunten Wickelrock nicht ernst zu nehmen schien. Was Mina durchaus verärgerte. "Ich glaube, Ihr Gast hat Ihnen etwas mitzuteilen, Ensign", richtete sie an den Wachmann, der aufsah, sie einen Moment anstarrte wie eine Erscheinung in ihren bunten Kleidern. "Und Sie sind...?", fragte er unfreundlich nach, da er sie offenbar nur für einen weiteren Störenfried in Partyklamotten hielt. Mina hob die Brauen. "Ich bin Major De Lacy, Ensign, und Sie dürfen mich mit 'Ma'am' anreden!", gab sie ihm schärfer Auskunft, als sie es für gewöhnlich tun würde. Sie gehörte eigentlich nicht zu den Leuten, die sich über ihren Rang hofieren ließen, aber die hochnäsige Art des Offiziers, der mit den Feiernden wohl nichts zu tun haben wollte, störte sie. Dieser wurde dann auch sofort einen Ton bleicher und stand rasch auf, um zu salutieren. "Verzeihen Sie, Ma'am, ich... habe Sie nicht erkannt!" Mina bemühte sich, nun nicht zu schmunzeln, denn das glaubte sie ihm sofort. Die Trachten ihrer Herkunft trug sie selten bis gar nicht auf Shepard.
    "Stehen Sie bequem, Ensign. Wie ich hörte, gab es ein Problem mit dieser Dame, weil sie missverstanden wurde und nicht von ihrem Wagen weggebracht werden wollte, der versehentlich in einem unserer Frachträume gelandet ist. Ich nehme sie mit, sie ist eine gute Bekannte und verbürge mich dafür, dass es keinen weiteren Ärger geben wird. Der Wagen wird in Kürze auf den Planeten gebeamt und sie ebenso. Falls es Beschwerden darüber gibt, kann sich Lt DeAgostini jederzeit an mich wenden." Der Ensign widersprach ihr nicht, sondern war offensichtlich froh, aus dieser Situation herauszukommen und so verließen Mina und Helen ein paar Minuten später den Arrestbereich.
    "Was denken sich diese Leute!", schimpfte Helen dann auch sofort in ihrer gemeinsamen Sprache weiter. "Wenn du so zänkisch bist, darfst du dich gar nicht wundern", grinste Mina. "Das hier ist nicht Kanada, Helen, die Leute hier sind uns nicht gewöhnt." Helen schnaubte. "Ach, so engstirnig ist die große Raumstation? Ich dachte, hier kommen noch viel seltsamere Gestalten vorbei als wir!" Mina konnte nicht aufhören, ob ihrer Empörung zu grinsen. "Schon, aber meistens nicht in dieser Anzahl. Der ExO bekommt schon graue Haare und es scheinen wohl einige unserer Leute der Meinung zu sein, dass es für sie hier keine Schranken und keine Begrenzungen gibt. Die gibt es aber leider schon, das hier ist eine Raumstation mit ziemlich viel Militär, nicht die Fußgängerzone von Quebec. Aber mach dir keine Sorgen - dein Wagen wird gleich auf den Planeten gebeamt. Dorthin, wo er hin soll. Und du mit ihm." Helen brummte. "Hoffe ich. Da hast du uns ja an einen schönen Ort gebracht, Herzchen. Ich wusste, es würde kompliziert werden."
    Mina seufzte leise. Ja, es war ein ganz schöner Angang gewesen, diese Sache zu organisieren, aber sie hatte es sich so sehr gewünscht und so viel Spaß bei der Organisation gehabt, dass der jetzige Stress neben der Freude an dem eigentlichen Ereignis hinten weg fiel. Ihre Leute, die man fälschlicherweise als 'Roma' bezeichnete oder die sich diesen Namen ebenso fälschlicherweise im Laufe der Zeit angeeignet hatten - Mina wusste es nicht genau - waren schon seit vielen, vielen Jahrhunderten fahrendes Volk auf der Erde gewesen. Allerdings immer nur im kanadischen Bereich, niemals in Europa, wo die eigentlichen Roma beheimatet waren. Und abgesehen davon handelte es sich bei ihren Leuten ohnehin um einen vor 2000 Jahren abgewanderten Zweig der kanadischen Ureinwohner.
    Mina war also in einem Volk von Straßenkünstlern, Wahrsagern, Musikern, Tänzern, geschickten Handwerkern, hervorragenden Köchen, Schneidern und Geschichtenerzählern großgeworden und hatte bis zu ihrem 16. Lebensjahr sehr aktiv an diesem Leben teilgenommen, war mit ihnen ständig durch ganz Kanada gezogen, bevor ihr Weg sie für eine Weile in eine andere Richtung geführt hatte. Inzwischen lebte sie zwar sehr zufrieden als Forces-Offizier auf Shepard - zumindest die meiste Zeit - aber ihren früheren Lebensstil hatte sie deshalb trotzdem nie ganz begraben können, was man zuweilen sehr extrem an ihren Kleidern, der Einrichtung ihres Quartiers und ihren gelegentlichen Auftritten erkennen konnte. Von daher war es ihr seit langem ein Anliegen gewesen, ihre Leute einmal zu sich holen zu können. Dass dieser Karneval der Kulturen nun auf Auriga und Shepard hatte stattfinden dürfen und ihre Leute sich tatsächlich zu dieser Unternehmung bereit erklärt hatten, war für Mina also die Realisierung eines lange gehegten Traumes gewesen. Und von daher genoss sie das Ganze so lange es eben dauerte und wenn es zwischendurch ein paar Dinge zu regeln gab, dann störte sie das nicht weiter.
    "Du hast die beiden Offiziere im Frachtraum ganz schön verstört", erzählte sie Helen. "Als ich rein kam, hatten sie sich gerade davon überzeugt, dass deine Eichhörnchen nicht tödlich sind." Die beiden sahen sich an und prusteten los. "Aber sie haben ihnen nicht vor Schreck den Hals umgedreht, oder?", gluckste Helen und Mina schüttelte den Kopf. "Es geht allen gut. Die beiden warten nur auf uns, damit wir den Beamvorgang starten können. Und da wären wir..."
    Mina öffnete die Tür zum Frachtraum und betrat diesen. "Tut mir leid, ich...", begann sie und adhoc blieb ihr das Wort im Halse stecken, als sie die beiden dort fest umschlungen stehen sah. Einen kurzen Moment war sie so perplex, dass ihr nichts dazu einfiel, außer einem langen 'Oooooooh...' in ihrem Kopf, das glücklicherweise niemand laut hören konnte. Sie lächelte die beiden an. "Ach, wissen Sie was... Helen und ich kommen schon zurecht mit dem bisschen Wagen beamen. Ich denke, Sie beide können gehen." Sollten sie sich einen schönen Tag machen, wenn der Dienst es zuließ. Junge Liebe! Sie war ein Fan von junger Liebe, wollte die beiden aber nicht bloßstellen, indem sie nun um sie herum sprang und Fragen stellte, die die jungen Offiziere in Verlegenheit bringen könnten. Immerhin kannte sie beide nicht gut, sondern tatsächlich eher sehr flüchtig.

    Als Mina an diesem Nachmittag das Alba Inn betrat, wartete der Besitzer Sean Carmichael bereits auf sie. "Das wird ganz schön voll heute", kündigte er ihr an, noch bevor sie die Chance hatte ihn zu begrüßen. "Wie kommst du drauf?", fragte sie nach und ließ die große Tasche, in der sie ihre Bühnenkleidung mitgebracht hatte, von ihrer Schulter zu Boden gleiten. Sean lachte leise. "Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele Reservierungen rein kamen in den letzten paar Stunden, Süße. Dein Aushang und deine Mundpropaganda scheinen ganz schön Wellen geschlagen zu haben. Immerhin bist du ein dekorierter Offizier des M.A.C.O. und solche Leute sieht man doch eher selten auf Bühnen abgehen..." Mina grinste. "Denkst du? Dann würden sie vermutlich noch drei Decks weiter Schlange stehen, wenn sie wüsste, was für Shows unser Oberboss so auf die Bühne bringt. Es würde mich ziemlich verwundern, wenn der gute Eric nicht irgendwann im Laufe des Abends zur Fiedel greifen und mir auf der Bühne Gesellschaft leisten würde", verriet sie und in ihren braunen Augen blitzte es kurz belustigt auf. Sie hatte einfach schon zu viele grandios betrunkene, musikalisch aufgeladene, tänzerisch akrobatische und gesanglich meisterhafte Abende mit Eric in Kanada bei ihren Leuten, dem Indianerstamm oder - mit seinem Dad zusammen - in Bars in den großen Städten verbracht, um nicht sicher sein zu können, dass er bei der Gestaltung dieses Abends spontan teilhaben würde. "De Lassal?", riss Sean sie aus den Gedanken. "Ich meine, ich weiß, dass ihr Stammkunden hier seid und oft zusammen rumhängt, aber, Mann, wenn der Oberboss der Armee in der Bar am Saiteninstrument zupft und gefühlvoll ins Mikro säuselt, wird die ganze Station kommen wollen..."
    Mina kicherte leise. Sie mochte Sean, er war ein Pfundskerl. So ein richtiger Schotte mit roter Lockenpracht, Vollbart, Sommersprossen und strahlend blauen Augen. "Übrigens, ich hoffe Corone kommt auch. Corone McCullagh, Caits Bruder. Kennst du ihn? Er arbeitet als Anwalt für JAG. Toller Kerl, auch so ein Überschotte wie du und ein guter Musiker. Du siehst, ich bringe A-Kaliber. Sowohl musikalisch als auch was große Namen angeht." Sean pfiff durch die Zähne. "Dann pass bloß auf, dass deine Special Guest Stars dich nicht übertrumpfen, Dollface." Mina zuckte nur die Achseln. "Naja... Eric und ich können nur den kanadischen Teil dieses Abends liefern. Für den original schottischen Teil brauch ich ein paar Originalschotten, oder? Du kannst auch mitsingen, wenn du willst! Oder tanzen... oder trommeln... kannst du Dudelsack spielen??" Ihre Augen leuchteten auf, während sie pro Vorschlag einen Schritt näher auf Sean zuging, der im selben Rhythmus zurückwich. "Eh... nein. Vergiss es. Ich bin der Gastgeber. Ich versorg deine reizenden Gäste mit Getränken und werde charmant zur Musik wippen und energisch applaudieren, aber ich spiele nicht für dich den schottischen Musiker. Mach das mit deinem Anwalt ab."


    Eine Stunde später waren sie im vollen Aufbaumodus angelangt. Sean hatte seine drei Angestellten noch dazu geholt und alle zusammen brachten sie den Pub auf Hochglanz, stellten Tische um, gruppierten Stühle so, dass die Bühne gut zu sehen war und brachten die Flaggen Kanadas und Schottlands sowie unzählige kleine Dekogegenstände, die typisch für das jeweilige Land waren, an ihren Platz. Es gab getrocknete schottische Disteln, die Nationalblume Schottlands, in kleinen Sträußchen mit Ahornblättern, dem Symbol Kanadas, für alle Tische, kleine Traumfänger hingen an den Lampen über diesen, selbst geschnitzte Figuren aus Holz, die von Tieren bis hin zu Fantasiefiguren alles mögliche darstellten, wurden im ganzen Laden aufgestellt, bunte Steine gesellten sich dazu.
    "Wo hast du das alles her?", forschte Sean während der Arbeiten irgendwann bei Mina nach, denn die gesamte Deko kam aus ihrer Tasche und aus deren Tiefen zog sie immer mehr und mehr hervor. "Hmm? Die Deko? Die hab ich von zu Hause mitgebracht", antwortete sie achselzuckend und Sean hielt inne im Abtrocknen der Gläser, um sie irritiert anzustarren. "Von zu Hause? Du meinst, du hast den Kram repliziert?" "Nein, wieso replizieren? Die Sachen sind alle aus Kanada oder Schottland. Nur die Distel-Ahornblatt-Sträußchen hab ich extra gemacht für heute Abend." Sean stützte sich mit den Ellbogen auf den Tresen und sah sie an. "Du hast also zu Hause so viel Deko-Kram, dass du mühelos eine ganze Bar damit dekorieren kannst? Kann man in deinem Quartier noch treten? Und abgesehen davon: Das hier sind mindestens sechzig Traumfänger! Wozu brauchst du 60! Traumfänger?!" "Ich hab Freunde, die mir welche machen und sie mir dann schenken!", erwiderte Mina ein bisschen empört über die Reaktion. "Ich kenne viele Kinder, die mir immer gerne Traumfänger basteln und mit meinen eigenen Kindern hab ich auch welche gebastelt und manchmal bastel ich mir auch einfach selbst welche, weil es mir Spaß macht. Oder näh mir Kleider. Oder häkel mir Decken. Ich will meiner Tochter eine Schärpe machen zu ihrer Kriegerweihe", erzählte sie. "Deiner klingonischen Tochter?", fragte Sean überflüssigerweise nach und Mina sah ihn halb genervt und halb belustigt an. "Nein, Sean meinem Baby Libby. Sie wird eine große Kriegerweihe haben, wenn sie ein Jahr alt wird und ich dachte mir, so eine Schärpe könnte bestimmt auch eine eingenähte Windel vertragen, also... natürlich meiner klingonischen Tochter!" Sean lachte leise. "Du bist ein bisschen verrückt, Mina", stellte er fest. "Das macht meinen Charme aus", lächelte sie. "Und jetzt muss ich gehen, mich umziehen und ein paar Instrumente stimmen. Die Gäste werden bald hier sein. Öffne deine Tore, Meistro!" Damit beugte sie sich vor, sprang halb über den Tresen, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und wirbelte dann davon, um sich im Garderobenraum ihren Vorbereitungen zu widmen.

    Einige Wochen vor den gerade stattfindenden Ereignissen hatte Mina mit Nachdruck eine Flasche mit goldfarben funkelndem Edradour-Whisky und vier Gläser auf dem polierten Holztisch im Alba Inn abgestellt, an dem ihr Mann John und ihre zwei besten Freunde Eric und Cait DeLassal gesessen und gleichsam erwartungsvoll wie irritiert zu ihr aufgeblickt hatten.
    Das Alba Inn war ein schottischer Pub auf dem Main-Deck des Shepard Space Centers, den sie aufgrund Caits schottischer Wurzeln sowie seiner großartigen Auswahl an erlesenen Whiskys und seines schmackhaften Essens aufgesucht und wenig später zu ihrer Stammkneipe erhoben hatten. Obwohl Cait als einzige Schottin in der Gruppe eigentlich von drei Kanadiern kulturell hätte überfahren werden müssen, ergab sich immer mehr eine stark vermischte schottisch-kanadische Kooperation aller Beteiligten. "Immerhin hat's bei uns zu Hause Novascotia", hatte Mina dazu nur achselzuckend festgestellt.
    An besagtem Abend hatte sie sich mit ihrer kleinen Clique, die sie nun so erwartungsvoll anschaute, also im Alba Inn eingefunden. "Ich muss mal wieder auftreten!", hatte sie verkündet und während Eric auf diese Ankündigung nur geschmunzelt hatte, war es wohl vor allem John zugekommen, dies zu hinterfragen. Denn obwohl sie seit beinahe drei Jahren zusammen, inzwischen verheiratet und Eltern der kleinen Libby waren, hatte sich Mina gerade in dieser Zeit doch eher zurückgehalten mit ihren künstlerischen Fähigkeiten. Es hatte einfach zu viel anderes zu tun gegeben, sowohl dienstlich als auch privat. Eric allerdings, den sie seit fast zwanzig Jahren kannte, wusste genau wovon die Rede war.
    "Auftreten, Knusperkeks?", hatte John also gefragt und dabei den wohl kitschigsten Kosenamen der Welt verwendet, den Mina so gern hatte. "Kitsch wird viel zu schnell als etwas Schlechtes abgestempelt", hatte sie dazu einmal ihre Weisheit kundgetan. "Kitsch ist etwas Großartiges. Kitsch erlaubt es mir, mich im Rosenpyjama in Herzchenbettwäsche zu kuscheln und dabei Plätzchen in Sternform zu essen. Kitsch erlaubt es mir, zu giggeln, wenn ich einen tollen Lovesong als Ohrwurm in meinem Gehörgang spazieren trage. Kitsch erlaubt es mir, kleine, bunt bemalte Figürchen auf Märkten zu erwerben, die ich nicht brauche, die aber einfach hübsch sind. Kitsch erlaubt es mir, Libby ein rosa Kleidchen, weiße Lackschühchen und ein Krönchen anzuziehen. Ich liebe Kitsch... Kitsch lässt mich..." "Ich glaube, du bist selbst dem Kitsch zu kitschig, Baby", hatte Eric irgendwann brummend ihren Vortrag beendet.
    Jedenfalls störte sie sich nicht daran, ein Knusperkeks zu sein. "Ja, auftreten", hatte sie erwidert und sich an Johns Schulter angelehnt. "Ich bin bei Straßenmusikern großgeworden, Johnny-Boy, mir liegt Musik und Tanz im Blut. Als ich vier war, haben meine Mutter und meine Leute mich schon in den großen kanadischen Städten auftreten lassen. Erst so Kinderzeug... in dem Alter kannst du auch einfach nur Blumen verteilen und alle finden es toll. Später hab ich dann gesungen, getanzt, Instrumente gespielt... und das hab ich viel zu lange nicht vor Publikum gemacht. Es gibt eine Bühne in meiner eigenen Stammkneipe, auf der ich noch nicht gestanden habe! Früher hätte ich das nicht mal einen Abend ausgehalten. Ich werd Sean fragen, ob ich seinem Laden demnächst mal einheizen darf. Entschuldigt mich..." Und schon war sie wieder verschwunden, nachdem sie sich ihren Whisky in einem Zug gegönnt hatte, um mit dem Manager des Alba Inn zu verhandeln.
    Dieser Abend hatte nun dazu geführt, dass sie gerade in dem Moment, in dem sich Amano und Sarah trafen, auf dem Main-Deck herumwuselte, einen Stapel Plakate im Arm, von dem sie großzügig in den Läden verteilte und sie anbrachte, wo auch immer sie sie anbringen durfte. Nebenbei drückte sie Passanten welche in die Hand, die meistens zu verdutzt waren, um sie abzulehnen, da es im Zeitalter der PADDs und Leuchtreklame eher selten war, dass noch jemand mit Plakaten oder Flyern durch die Gegend lief, um diese an den Mann oder die Frau zu bringen. So kam sie auch an der Schule vorbei, hob kurz die Brauen bei dem Sicherheitstrupp, der offenbar die Lehrerin abführte - was ging da vor?! - und schlängelte sich schließlich an Amano und Sarah vorbei, wo sie kurz stehen blieb, um ihnen ebenso ein Plakat in die Hand zu drücken. "Admiral, wie schön, dass Sie an Bord sind... wenn Sie noch nichts vorhaben heute Abend, kommen Sie doch vorbei", strahlte sie ihn an. Auch Sarah bekam ein entsprechendes Lächeln und schon ging sie weiter. Es gab noch viel zu tun vor dem Auftritt an diesem Abend.
    Auf dem Plakat, dass Amano oder Sarah nun in den Händen hielt, sahen sie die lächelnde Mina in einer Art Tracht abgebildet, einem bunt gemusterten, schulterfreien Kleid mit braunem Mieder, dazu passendem Tuch in den hellblonden Haaren, großen Ohrringen und reichlich Schmuck um Hals, Hand- und Fußgelenke. Sie hatte eine Art Tanzhaltung eingenommen, die irgendwie mit ihrem Outfit zusammen zu gehören schien und strahlte sogar von diesem Bild die pure Lebensfreude aus. Der Hintergrund war eine Landschaft, wie sie schöner kaum hätte sein können mit üppigen grünen Wäldern und einem kristallklar schimmernden See. Darauf zu lesen war der Name 'Romina - Ein kanadisch-schottischer Lieder- und Tanzabend', dann das Alba Inn als Örtlichkeit sowie der heutige Abend als Veranstaltungszeit.

    Mina sah zu Saltzman, als er sich in das Gespräch einmischte. Oho, Alarik der Unentspannte, des Oberkommandos grantigster Zeitgenosse. Sie mochte ihn. Ein bisschen. Ein schräger Typ, aber er konnte wohl nichts dafür. Viel brennender interessierte sie, dass Fox offenbar von ihm schwanger war, wenn sie die Zeichen hier richtig deutete. Ha! Ein Mr. Sunshine-Baby! Dass Fox und er etwas am Laufen hatten, war selbst ihren aufmerksamen Augen entgangen. Und so prallte das, was er sagte, an ihr ab wie Wassertropfen an Imprägnierspray und sie grinste ihn breit an. Sie konnte nicht anders, die Neuigkeiten, die hier in der Luft lagen, ließen sie entsprechend gut gelaunt sein.
    "Verzeihung, Sir, ich wollte bestimmt nicht respektlos sein", lächelte sie und in ihren Augen leuchtete es fröhlich. "Der Boss würde schon wissen, wie es gemeint ist, keine Sorge. Wir kennen uns schon reichlich lange und sind gute Freunde. Und außerdem habe ich ja in meiner Aussage abgestritten oder zumindest sehr, sehr arg in Zweifel gezogen, dass der Boss ein Idiot sein könnte. Faktisch gesehen weiß ich, dass er das nicht ist", nickte sie und wandte sich dann wieder Fox zu. "Ich glaube, es muss ohnehin warten. Ich lasse ihn wissen, dass es nicht sonderlich günstig ist im Moment. Meine kleine Miss hier drin, pummelt ganz schön rum."
    Tatsächlich wurde sie das Gefühl eines latenten Ziehens nicht ganz los und Eric war immerhin noch mit Druid beschäftigt. Sollte es sehr dringend sein, konnte er sie auch anderweitig erreichen. Sie hakte sich also bei Fox unter und schlenderte langsam los gen Promenadendeck.

    Mina sah Fox groß nach. Mit diesem Ausbruch hatte sie kein bisschen gerechnet, im Grunde genommen kannte sie sie gar nicht mal so gut. Nur vom Dienst, wenn auch schon seit einigen Jahren. Und dennoch war es nicht schwer zu erraten, dass Fox recht aufgebracht war und wer zwischen den Zeilen lesen konnte, hatte vielleicht auch eine Ahnung, wieso.
    "Warte!", rief sie Shania nach und beschloss einfach mal spontan zum Du überzugehen. Offenbar war es an der Zeit, neue Freundschaften zu schließen. "Das solltest du nicht zu laut sagen. Mit dem Schicksal, meine ich. Dass du nicht daran glaubst. Das Schicksal ist eine miese, alte Wichtigtuerin, die dir das Leben ganz schön versauen kann, wenn du sie beleidigst. Sie heißt Chittracca", gab Mina bereitwillig Auskunft, wissend, dass man sie vermutlich für irre halten würde und das war auch gut so. Sie hatte ohnehin ihren etwas eigentümlichen Ruf bei den Forces weg als schrullig-freundlicher Wald- und Wiesenhüpfer, den man nur bedingt ernst nehmen durfte. Umso besser. Um Shania eventuell ein Lächeln abzuringen, war es die Sache wert. Und dass ihre fundamentalen Wahrheiten als Marotte abgetan wurden, kam ihr gerade recht.
    "Wenn du möchtest, können wir zusammen einen Kaffee trinken gehen", schlug sie vor. "Was auch immer der Boss von mir will, kann vermutlich warten. Ich sag ihm einfach, die Welt sei voller Versuchungen und ich sei einer von ihnen erlegen. Mich habe das spontane Verlangen nach sehr viel Kuchen überwältigt und wenn er kein totaler Idiot ist - was ich ihm selbstverständlich nie unterstellen würde - dann weiß er, bei seinem Stall voller Kinder, dass solche Gelüste bei Kugelbäuchen wie mir niemals unterschätzt werden dürfen. Also... Kuchen?", lächelte sie fröhlich und stemmte sich wieder auf die Beine. Sie machte sich mit Absicht ein bisschen zum Affen. Vielleicht würde das Shanias Stimmung ein wenig heben. Und wenn sie ihr zu sehr auf die Nerven ging und sie gerade gar keine Leute um sich vertragen konnte, würde sie es ihr eben einfach sagen. So sah sie sie mit einem offenen Lächeln und einem warmen, lustigen Funkeln in den Augen an und wartete auf ihre Antwort.

    Mina kugelte gemütlich über das Deck. Sie war ausgesprochen schwanger, der Geburtstermin lag um die Ecke und eigentlich erwartete sie täglich, nächtlich, stündlich und sekündlich die Entscheidung ihres kleinen Nachzöglings, jetzt doch gerne mal auf diese aufregende Welt kommen zu möchten. Aber noch ließ sich das Baby Zeit. Es schien ihm gemütlich zu sein, wo es war und es hatte wenig Eile, diesen Zustand zu beenden, sehr zu Minas Leidwesen. Denn schlafen, so richtig gut schlafen war schon seit einer Weile nicht mehr drin. Meistens musste sie sich damit begnügen, die halbe Nacht in ihrem Quartier herum zu watscheln, weil ihr kleiner Bauchbewohner keine Ruhe geben mochte. Was allerdings nicht das schlechteste Training war für die frühe Phase mit dem Neugeborenen, wie sie sich immer wieder in einem Anfall von Optimismus selber sagte.
    Merkwürdigerweise, obwohl sie sich eigentlich gerade außer Dienst befand aufgrund ihres Zustandes, hatte sie allerdings vor wenigen Minuten den Ruf hereinbekommen, dass Eric sie sprechen wollte. Und zwar kein "Hey, Minchen, komm mal rüber, was geht ab?"-Ruf, sondern ein Ruf nach Marine Captain DeLacy. Weswegen nun sie diejenige war, die sich fragte, was abging.
    Und so watschelte sie bis zu Erics Büro, vor dessen Tür sie Druid vorfand, der irgendwie geknickt wirkte. "Hey, Medizinmann", grüßte sie ihn und grinste, während sie sich ein wenig umständlich neben ihn sinken ließ. "Der große Meister hat mich gerufen... dich auch? Oder warum sitzt du hier so dekorativ?"