Das Bündnis mit L'Lal'Loria

  • Einige Stunden waren inzwischen vergangen seit dem tragischen Ende der beiden Fhoi Myore-Schiffe und dem Verschwinden der etwa vierzig Offiziere ihrer eigenen Mannschaft. Die Shinjitai Kaigun hatte ihre Position nicht verändert. Trotz funktionstüchtiger Maschinen waren sie nun quasi im All gestrandet, da ihnen nichts anderes übrig blieb, als auf die Hilfe der Fomorii zu warten. L'Lal'Loria war zu weit weg, um ohne die Transwarptechnologie weiter zu fliegen und nur die Bewohner dieser Welt selbst waren in der Lage, ihnen diese zur Verfügung zu stellen. Auch der Weg zurück in Föderationsgebiet würde inzwischen zu lange dauern und stellte außerdem keine Option dar. Das Bündnis musste geschlossen werden, dafür hatten die Fhoi Myore ihr Leben gegeben. Und ihre Leute mussten befreit werden, wer auch immer die gewesen waren, die sie in ihre Gewalt gebracht hatten.
    So hatten sie also keine andere Wahl als zu warten. Die entführten Offiziere zu suchen war auf eigene Faust unmöglich, da das Schiff, auf dem sie sich höchstwahrscheinlich befanden, ebenso über Transwarptechnologie verfügte wie die der Bewohner L'Lal'Lorias und sie von daher nun bereits unendlich weit weg sein konnten. Es gab keine Chance sie einzuholen, bevor nicht Hilfe eintraf, die ihre Reise beschleunigen konnte.


    Die Stimmung auf der Brücke war entsprechend gedrückt. Nanami hatte Sams Konsole zu Beginn mit übernommen und ab und an verstohlen zu dem leeren Platz hinüber gesehen. Sie waren nun schon eine ganze Weile lang Kolleginnen und obwohl sie keine engen Freunde waren, mochte Nanami Sam doch recht gerne. Sie war eine stille, freundliche Konstante ihres Alltags und sie arbeiteten auf Shepards OPS Seite an Seite gut und effizient zusammen. Schließlich jedoch hatte einer der Offiziere der Shinjitai Kaigun den Posten übernommen und Nanami von ihren Zusatzpflichten entbunden. Diese war sich jedoch unschlüssig darüber, ob ihr ein fremdes Gesicht an Sams Stelle lieber war als die Leere, die sie hinterlassen hatte.
    Verstohlen sah sie zu den übrigen Brückenoffizieren, unter denen angespannte Stille herrschte. Nur ihren Vater Amanosuke Tokusawa, den Kommandanten des Schiffes und Leiter des DC, hörte sie leise mit Caitlin DeLassal, der Fleet-Admiral und seiner langjährigen guten Freundin, sprechen. Sie verstand jedoch keine Einzelheiten und legte für den Moment auch keinen Wert darauf. In den letzten Stunden hatte sie sogar den direkten Blickkontakt zu ihm vermieden, wenn es möglich gewesen war. Es wäre ihr lieber gewesen, diesen Einsatz nicht mit ihm gemeinsam zu fliegen. Was ironisch wirkte, wenn man bedachte, dass er derjenige gewesen war, der sie zu ihrem Ausbildungsweg als Taktik- und Sicherheitsoffizier in der Sternenflotte inspiriert hatte. Er und seine steile Karriere. Sie hatte ihn immer bewundert, hatte so sein wollen wie er, als sie noch ein Teenager gewesen war. Doch spätestens auf der Academy hatte sie feststellen müssen, dass es nicht immer vorteilhaft war, einen Vorzeigeoffizier zum Vater zu haben. Die Messlatte war hoch, der Vergleich immer gegeben. Und nun stand sie auf seiner Brücke und war plötzlich sein Taktikoffizier für diesen Einsatz. Es machte sie nervös. Abgesehen davon, dass es ausgesprochen unangenehm war, dass er den Wurfstern gesehen hatte. Dies hatte ihr Geheimnis bleiben sollen.
    Während dieser Gedankengänge war ihr Blick auf ihrem Vater haften geblieben, der nun plötzlich den Kopf hob und ihr genau in die Augen sah, als wisse er, dass sie ihn beobachtete. Ein kurzer Adrenalinstoß jagte durch sie hindurch und rasch wandte sie den Blick ab. Mit schnell pochendem Herzen sah sie auf ihre Konsole ohne wirklich auf die Anzeigen zu achten.
    Sie wünschte, ihre Mom wäre hier. Sie war ihre engste Vertraute und ihre beste Freundin. War es immer gewesen und würde es wohl auch bleiben. Sie beide gegen den Rest der Welt. Einen Stiefvater hatte es nie wirklich gegeben und obwohl Nanami in ihren Teenagerjahren eine Weile bei ihrem Vater gelebt hatte, war ihr eigentliches Zuhause doch immer bei Sarah gewesen. Doch selbst ihr konnte sie nicht sagen, was sie im Moment am meisten bedrückte. Dies konnte sie niemandem sagen.


    Erst nach einer ganzen Weile sah Nanami wieder vorsichtig auf und bemerkte erleichtert, dass ihr Vater sich wieder seinem Gespräch zugewandt hatte. Sie sah ihn nicht erneut an, um seine Aufmerksamkeit kein zweites Mal zu erregen und ließ ihren Blick dafür zu Lieutenant Jilko Samaras wandern, der offensichtlich sehr unglücklich an seiner CONN-Konsole saß. Er tat ihr leid. Sam und er waren zusammen, da war sie sich sicher. Offiziell gemacht hatten es die beiden noch nicht, aber man musste schon blind sein, um es nicht mitzubekommen. Besonders wenn man den ganzen Tag mit den beiden auf einer Brücke verbrachte. Er musste sich schreckliche Sorgen um sie machen und wirkte ein wenig verloren. Sein Ausdruck spiegelte die gesamte Ratlosigkeit, die die Crew zur Zeit umfangen hielt, vollkommen wieder.
    Als die Schicht einige Minuten später endete, übergab Nanami willig ihre Konsole und ging schnurstracks auf Samaras zu. Zum einen war sie sich sicher, dass ihm ein wenig Gesellschaft gut tun würde und zum anderen wollte sie es vermeiden, dass ihr Vater sie nun, da der Dienst fürs Erste offiziell beendet war, abfangen und Fragen stellen würde, die sie nicht beantworten wollte.
    "Kommen Sie, Lieutenant", sprach sie Samaras von daher an. "Gehen wir etwas trinken. Ich denke, wir können es beide gebrauchen. Sie nicht auch?"

  • Jilkos Tag war praktisch gelaufen, nachdem er realisiert hatte, dass Sam verschwunden war, war er erstmal heilfroh, als der Dienst für heute beendet war. Trostlos und mit einer Menge Wut im Bauch saß er vor der Konsole und war mit den Gedanken bei Sam. Er liebte diese Frau mehr als sein eigenes Leben und erst jetzt realisierte er, dass er ohne Sam nicht leben konnte. Er betete laufend zu Gott und sein Kreuz, was er um den Hals hängen hatte, bekam nun Präsenz. Aber es musste ja irgendwie weiter gehen, wobei er nicht wusste wie er es anstellen sollte. Er war den Tränen nahe, weil ihm nun sein Herz genommen worden war. Sam hatte aus Jilko das gemacht, was er nun war: Ein glücklicher Mann, der seitdem er mit ihr zusammen war, eine Menge Stolz in sich trug.
    Plötzlich wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als ihn der Lieutenant-Commander ansprach. Ohne zu zögern fand er schnell eine Antwort: "Ja, da haben sie recht, Lieutenant-Commander, ich bin von daher dabei."

  • Sam wurde in einem Gefängnis wach. Anscheinend hatte sie wohl das Bewusstsein verloren, nachdem sie vom Schiff gebeamt wurde. Sie konnte sich nur noch daran erinnern, dass sie sich mit Cait zusammen auf der Brücke verschanzt hatte. Nur nach und nach kamen die restlichen Erinnerungen zurück und setzten sich langsam zusammen, wie ein Puzzle. Sie schreckte von dem festen Boden hoch und hielt sich zugleich ihren Arm, an dem sie verletzt wurde. Die Verletzung war also doch keine Einbildung gewesen. Doch wo genau war sie und wer hatte sie entführt und was war mit den anderen auf dem Schiff passiert. Ihr brummte so langsam der Kopf, sie stellte sich zu viele Fragen. Sam, nun erst einmal durchatmen und dann die Fakten sortieren, dachte sie sich. Während sie sich so in dem Gefängnis umsah, konnte sie bekannte Gesichter erkennen, alle waren ähnlich geschockt und ratlos, wie sie.
    Nachdem sich ihre Augen nun langsam an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, konnte sie erkennen, dass sie definitiv untertage waren.
    Doch sie konnte nicht so genau erkennen, wer ihre Entführer und die Wachen waren. Sie konnte zwar erkennen, dass welche vor dem Gefängnis standen, doch die Statur und das Aussehen erkannte man kaum.
    Sam sah sich nun ihre Kollegen noch einmal genauer an, glücklicherweise erkannte sie keinen ihrer engeren Kollegen. Doch konnte sie dadurch auch sicher sein, dass jeder von Ihnen in Sicherheit war. Jilko! Der Name hallte ihr nun im Kopf und ihre Augen weiteten sich. Was war mit ihm? Wie würde er es verkraften, dass Sam nicht mehr da war? Und würden die anderen ihn wieder beruhigen können? Würde er seinen Dienst noch vernünftig durchziehen können? Und würde er sich verplappern, dass sie beide verlobt waren?
    Sam schüttelte ihren Kopf. Daran durfte sie nun nicht denken. Sie musste sich auf ihre Situation konzentrieren und durfte nun definitiv nicht den Kopf verlieren. Schließlich befand sie sich weiterhin im Dienst.
    Eine Frage blieb ihr noch übrig. Warum wurden sie alle entführt? Sie konnte es sich einfach nicht erklären. Sie hoffte allerdings, dass sie bald eine Antwort bekäme. Von wem auch immer. Sie würde ganz bestimmt nicht versauern, bis sie alle endlich befreit wurden.

  • Drei Tage waren vergangen seitdem man die vierzig Offiziere der Vereinten Föderation der Planeten von deren Botenschiff entführt und zurück ins System von L'Lal'Loria gebracht hatte. Doch nicht nach Da'Dana'Han, dem Planeten der Fhoi Myore oder Tui'Rean, dem verfluchten Heimatplaneten der Fomorii, die sich selbst auch die Königlichen nannten. Nein, man hatte die vierzig Offiziere und Crewmen nach Tu'Hata gebracht, dem dritten und letzten bewohnbaren Planeten innerhalb dieses Sternensystems - und die Heimat der Mag Tuireadh.
    Nea Aldaar neigte sich über die Berichte in der Einsatzzentrale, während über ihr Bilder der verschiedenen Föderationswelten über den Bildschirm flimmerten. Seit Wochen, bereits seit auf dem Planeten bekannt geworden war, dass die Fomorii tatsächlich das Bündnis der Prophezeiung schließen wollten, versuchte man, so viele Informationen wie möglich über den großen, hier eher unbekannten Feind, die Föderation, herauszufinden.
    "Inquisitor, die Gefangenen werden unruhig", hörte sie plötzlich die knurrige Stimme Koljas, ihres Stellvertreters, hinter sich. In seinem Tonfall schwang immer ein wenig von dem Raubtier mit, das wohl in seiner DNA enthalten war. Nea drehte sich um. "Unruhig?", forschte sie nach. "Was heißt das im Klartext?" Kolja trat neben sie. "Sie verlangen zu wissen, wo sie sind und wer verantwortlich ist. Sie verlangen zu wissen, was vor sich geht. Sie haben sich um eine provisorische Anführerin gruppiert, wohl die Einzige der eigentlichen Führungscrew der Shinjitai Kaigun. Ich kann ihre Angst riechen, aber sie überspielen sie einigermaßen gekonnt. Besonders die kleine 'Anführerin'. Es gab eine Schlägerei unter ihnen."
    Nea lächelte. "Ist das so...? Nun, umso besser. Wir wollen unseren Feind kennen lernen. Das funktioniert nicht, wenn er die ganze Zeit schlafend und zitternd in der Ecke liegt. Sollen sie kratzen und beißen... unsere Klauen sind schärfer." Sie löste sich vom Tisch, an dem sie gestanden hatte und griff nach ihrem Helm. "Hol die 'Anführerin' aus der Zelle heraus und bring sie in den OP-Raum. Ich möchte sie kennen lernen. Und sehen, wie lange sie so mutig bleibt." Damit zog sie den schweren Helm auf und verließ die Einsatzzentrale.


    Die Sternenflottenoffiziere, die noch immer gemeinsam in jenem Gefängnis unter Tage eingeschlossen waren, schwiegen verbissen. Es hatte vor kurzem einen gewaltigen Streit zwischen ihnen gegeben. Kompetenzgerangel, Lagerkoller und die Hitze, die selbst hier unten in den Räumen zu herrschen schien, verbunden mit der geringen Versorgung und nagenden Unwissenheit, wie es um ihre Situation bestellt war, hatte zumindest bei einigen von ihnen zu einer Schlägerei geführt. Nur widerwillig und durch das Eingreifen der anderen Offiziere sowie das Wort Samantha Rynos, der führenden OPS, hatten sie voneinander abgelassen.
    Plötzlich öffnete sich die Tür und zwei der Wachen kamen herein. Noch bevor irgendjemand wirklich reagieren konnte, gingen sie zielstrebig auf Sam zu, umfassten ungeachtet ihrer Verletzung mit hartem Griff ihre Arme und zogen sie hoch. Jeden Protest und jede Frage ignorierten sie schweigend, zogen die Frau mit sich aus der Zelle hinaus und verriegelten diese dann erneut.
    Sam kam nun zum ersten Mal in den zweifelhaften Genuss, etwas mehr von dem Komplex zu sehen, in dem man sie seit Tagen gefangen hielt. Doch viel gab es nicht zu sehen. Die Umgebung schien geradezu steril zu sein, die Gänge und Wände waren nackter, grauer Stein, sehr sorgfältig geschliffen und poliert und man hätte denken können, dass es kühl in einer solchen Umgebung war, doch das war es keineswegs. Die Steine selbst schienen Hitze auszustrahlen und während die Wachen sie in schwerer Panzerrüstung mühelos und offenbar ohne jede Anstrengung durch die Gänge trieben, dürfte Sam selbst beim schnellen Gehen bereits der Schweiß ausbrechen.
    Mit einem Lift, aus dem man während der Fahrt hinaussehen konnte, fuhren sie einige Stockwerke nach oben. Noch immer waren sie keinem anderen Lebewesen begegnet. Doch dies änderte sich, als der Lift hielt und sie ausstiegen. Hier fanden sich Wachen in Rüstung an jeder Tür, schwer bewaffnet und obwohl man ihre Gesichter durch die Helme, die sie trugen, nicht sehen konnte, konnte man ihren Argwohn quasi in der Luft spüren, durch die man schritt. Durch diese bedrohliche Atmosphäre hindurch brachte man Sam zu einer der Türen und als diese geöffnet wurde, musste sie wohl einen Moment lang die Augen schließen, denn das grelle Weiß des kompletten Raumes, zusätzlich durch helles Licht angestrahlt, war mehr, als ungeschützte Augen nach all der Zeit im Halbdunkel aushalten konnten. Währenddessen brachten die Wachen sie zu einer Art hochtechnisierten Liege, zwangen sie darauf und ließen die Arm- und Beinschnallen zuschnappen, sodass sie sich kaum würde rühren können. Dann traten sie zurück.
    Eine scheinbare Ewigkeit passierte gar nichts. Der Raum schien nur aus Helligkeit und Schweigen zu bestehen. Ein lautes Schweigen, eines, das in den Ohren schmerzte und eine Helligkeit, die jeden Winkel der Seele, so sehr sie sich auch wehren mochte, zu durchleuchten schien. Es schien unmöglich zu sein, in diesem Raum Geheimnisse zu bewahren.
    Plötzlich öffnete sich die Tür und so Sam den Kopf herum wandte, konnte sie erneut eine Gestalt in Panzerrüstung erkennen, deren Helm jedoch seltsam verformt schien. Aus ihm heraus schienen Hörner zu erwachsen, ebenso sorgsam umschlossen wie der gesamte Rest des Körpers. Doch dies war nicht der einzige Unterschied zu den vorherigen Wachen - denn diese sprach mit ihr.
    "Samantha Ryno", sagte sie mit leiser, durch die Automatik des Helmes deutlich verstellter, dunkler Stimme und trat neben die Liege, auf der Sam festgehalten wurde. "Lieutenant der Sternenflotte, führender Offizier an der OPS auf dem Shepard Space Center, dem Hauptquartier der Flotte, zur Zeit abkommandiert auf die Shinjitai Kaigung, Flaggschiff der Diplomatischen Flotte und nun zu Gast hier... bitte korrigieren Sie mich, wenn ich einen Fehler gemacht habe. Doch ich denke, das habe ich nicht. Nicht wahr?"

    Einmal editiert, zuletzt von General-Inquisitor Aldaar ()

  • Dieses Ungewisse war zum Haare raufen. Sie wusste nicht, wie lange das noch so gehen würde und hoffte täglich darauf, bald befreit zu werden. Bei der Schlägerei hatte Sam zum Glück nur einen Kratzer abbekommen. Ihre Kollegen waren zwar derzeit ruhig, aber wer konnte schon ahnen, wann die nächste Streitigkeit da war. Die unerträgliche Hitze würde sicherlich dazu beitragen, denn die aufgehitzten Gemüter konnten sich so auch nicht abkühlen.
    Doch dieser Tag war anders. Man hörte etwas vor der Tür und diese wurde nun zum ersten Mal geöffnet. Sam hoffte schon darauf, dass sie alle endlich wieder in Freiheit kämen, doch schon bald sollte sich für Sie herausstellen, dass dieser Gedanke vollkommen falsch war.
    Als sie von den Wachen gepackt wurde und aus der Zelle geschleppt wurde, fluchte sie leise vor sich hin. Immerhin war die Wunde an ihrem Arm immer noc nicht verheilt. Sam wusste nicht, wo sie hingebracht wurde und erst recht wusste sie nicht, was man mit ihr vor hatte. Und was war, wenn es nun wieder Tumulte gab. Sie hasste es an diesem Ort zu sein. Spanien hatte sie ja bereits heiß erlebt, doch das nun?! Kaum auszuhalten. Sam ahnte bereits, dass sie sich nach ihrer Rückkehr erst einmal etwas zum Ausgleich des Mineral- und Flüssigkeithaushaltes, auf der KS abholen musste. Sicherlich konnte man ihre Kleidung bald auswringen, vor lauter Feuchtigkeit, die sie ausschwitzte. Und die Geschwindigkeit, die die Wachen drauf hatten, da konnte sie nur schwer mithalten. Sie wusste, dass es sinnlos war, widerstand zu leisten. Schließlich war sie unbewaffnet und einen Ausweg kannte sie auch nicht.
    Inzwischen betete sie, dass sie wieder zurück zu den anderen durfte. In dieses stickige, viel zu dunkle und enge Gefängnis. Gerade als sie daran dachte, öffnete sich die Türe, aus der ein grelles Licht strömte. Sam kniff ihre Augen zusammen. Es tat einfach nur weh. In diesem Moment hatte sie fast keine Kontrolle mehr über sich selbst und spürte nur noch, wie sie auf diesem Metalltisch gefesselt wurde. Sie wollte sich wehren, doch es war zu spät. Mittlerweile war sie innerlich in Panik verfallen und sobald sie ihre Augen wieder öffnete, würde man dies erkennen.
    In der schier unendlichen Zeit, bis die Türe sich erneut öffnete, fielen Sam all ihre Sünden ein. Doch sie musste stark bleiben, so gut sie konnte.
    Als sie die Türe hörte, drehte sie ihren Kopf in diese Richtung. Nahm das denn kein Ende?! Als dieses Wesen sie ansprach, lachte sie leise und höhnisch auf.
    "nunja... das meiste ist richtig.. aber ich denke, das Wort 'Gast' können wir in diesem Zusammenhang streichen. Ich habe nicht das Gefühl, hier willkommen zu sein.. Aber wenn ich schon mal die Gelegenheit habe, mit einem von Ihnen zu sprechen; dann werden Sie mir sicherlich auch verraten, wo wir hier sind und warum." Sie sah das Wesen direkt an. Es kam ihr zwar unheimlich vor, doch so langsam hatte die Spanierin ihre Gefühle wieder im Griff. Ihre Gedanken an die Crew auf dem Schiff waren komplett auf Seite geschoben. Sam hatte das Gefühl, es ginge ums überleben.

  • Nea lauschte der Antwort reglos. Ein wenig Kampfgeist schien der Sternenflottenoffizierin geblieben zu sein. Umso besser. "Oh, ganz im Gegenteil, Lieutenant. Sie sind hier ausgesprochen willkommen. Vergessen Sie nicht, wir haben sie eigens hierher gebracht, um Sie und Ihre Art besser kennen lernen zu können", entgegnete sie und zog nun den Helm ab.
    Sam erhaschte einen Blick auf das enorm ungewöhnliche Gesicht einer Frau. Das Geschlecht ihres Gegenübers war bisher aufgrund der verzerrten Stimme, die durch den Helm gedrungen war und der schweren Rüstung, die sämtliche verräterischen Körperformen überspielt und verdeckt hatte, nicht auszumachen gewesen. Auf den ersten Blick wirkten ihre Gesichtszüge zwar humanoid, doch war ihre Hautfarbe seltsam, da sie keineswegs einheitlich zu nennen war. Ihr grundsätzlicher Hautton schien ein tief gebräunter Teint zu sein, doch in einem weiten Kreis um die stechend blauen Augen und die gerade Nase war die Haut tiefrot und wies weiße Streifen auf - sie wirkte wie eine merkwürdig gefärbte Raubkatze. Ebenso konnte Sam nun sehen, dass die Hörner kein Bestandteil des Helms waren, sondern tatsächlich zu ihrem Körper gehörten. Majestätisch ragten sie aus dem silbrigen, langen Haar hervor.
    "Mein Name ist Nea Aldaar", stellte sie sich ihrem 'Gast' vor. "Ich bin die General-Inquisitorin dieser... Einrichtung und alles, was hier geschieht, unterliegt meinem direkten Befehl. Ich begrüße Sie auf Tu'Hata - der Heimatwelt der mächtigen Mag Tuireadh!"
    Ihr war klar, dass die Terranerin damit wohl nicht viel würde anfangen können. Es sei denn, die Fhoi Myore hätten sie bereits über den Krieg zwischen ihren beiden Völkern aufgeklärt, was Nea für unwahrscheinlich hielt. Man wollte einen Bündnispartner nicht sofort verschrecken. Das würden sie nun also übernehmen müssen.
    Langsam ging sie nun um die Liege herum. "Warum Sie hier sind, wollen Sie wissen?", griff sie die Frage auf und ihre Stimme nahm einen verdächtig samtigen Klang an. "Sie und Ihre Kollegen, Lieutenant, sind die Ware, die ich zu tauschen gedenke. Die Ware, die die Mag Tuireadh zu tauschen gedenken. Gegen einen sofortigen Rückzug der Föderation aus dem Sternensystem von L'Lal'Loria und dem Versprechen Ihrer Regierung, nie wieder einen Fuß hierher zu setzen. Ganz einfach."
    Sie sah, dass Sam antworten wollte und hob nur die Hand. "Nicht so schnell, Samantha Ryno... ich bin noch nicht fertig", sagte sie und blieb nun auf der anderen Seite der Liege stehen. Sachte berührte sie mit einer Hand die Anzeigen an deren Seite und Sam konnte spüren, wie sich die Metallschnallen um ihre Hand- und Fußgelenke enger zusammenzogen und ihr das Blut abschnürten. "Den Fhoi Myore liegen unsere Bedingungen inzwischen vor", fuhr Nea ungerührt fort. "Die Regeln sind einfach: Unsere Bedingungen werden erfüllt und die Föderation zieht sich zurück oder es wird von diesem Moment an alle zwölf Stunden einer Ihrer Leute sterben. Und ich dachte mir... es würde der Sache vielleicht mehr Nachdruck, ja, mehr Würze verleihen, wenn Sie es Ihren Leuten selbst sagen würden. Wir werden also ein kleines Video mit Ihnen drehen, das dann nach Da'Dana'Han geschickt wird. Damit Ihre Leute auch wissen, dass wir Sie tatsächlich haben und es ernst meinen... todernst." Ihr Blick bohrte sich in den ihrer Gefangenen. Sie wartete.

  • Sam lauschte den Worten ihres Gegenübers. Sie war durchaus gespannt, was jetzt noch auf sie zu kam. Doch hatte sie auch die Befürchtung, so wie sie angeschnallt war, würde man sie foltern. Sam ließ Nea ausreden und schnaubte leise. Allerdings war das ihre einzige Reaktion zu Neas Erklärung, dass sie alle ja extra hergebracht worden wären und das so etwas wie Gastfreundschaft wäre. Sie musterte Nea als diese sich nun vorstellte und den Helm abzog. Ihre Augen weiteten sich nun, als sie so einen Blick auf sie erhaschen konnte. Als Sam davon hörte, dass sie und der Rest der entführten Crew getauscht werden sollen, begann sie zu fluchen. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Als sich dann auch noch die Fesseln enger um ihre Gelenke schnürten, stockte ihr kurzzeitig der Atem. Doch sie versuchte Ruhe zu bewahren. Sie konnte es jetzt nicht gebrauchen, unruhig zu werden. ..
    "Und sie glauben, es interessiert die Fhoi Myhore, wenn sie Offiziere der Sternenflotte hinrichten?! Wohl eher weniger... Aber lassen Sie mich raten General Inquisitorin, damit nicht nur das mitteilen dieser Nachricht durch mich das gewisse Extra gibt, werden Sie auch die erste Hinrichtung aufzeichnen und ich habe den Logenplatz?!" Sie wusste bisher nicht, dass Jilko und der Rest der Crew bei den Fhoi Myhore waren und über die Forderungen Bescheid wussten. Tief in ihrem inneren hatte Sam Angst, sie würde nicht wieder zurück kommen. Sie würde Jilko nie wieder sehen, niemals Ihr Hochzeitskleid tragen. Doch sie hoffte auch darauf, dass sie wieder in ihren Dienst zurück kam und diesen wieder neben Namami verrichten könnte. Auch wenn diese in letzter Zeit eher schweigsam war. Sam war sich jedoch sicher, wenn sie jetzt Angst zeigen würde, wäre das ihr Todesurteil. "Aber bitte, fangen sie ruhig an. Ich kann es gar nicht abwarten" Sams Ton war nun deutlich ins herausfordernde gekippt. Sie hoffte, dass sie so alles durchstehen könnte, ohne dass ihre Psyche einen Knacks abbekäme. Denn sie wollte jetzt nicht noch ewig auf der KS verbringen. Da könnte sie sowieso nicht gesund werden. Sonst würde ihr wohl jeder Fehler der jungen Sanis auffallen.

  • "Und sie glauben, es interessiert die Fhoi Myhore, wenn Sie Offiziere der Sternenflotte hinrichten?! Wohl eher weniger... Aber lassen Sie mich raten, General Inquisitorin, damit nicht nur das Mitteilen dieser Nachricht durch mich das gewisse Extra gibt, werden Sie auch die erste Hinrichtung aufzeichnen und ich habe den Logenplatz?!"


    Bei diesen Worten lächelte Nea und in ihren Augen erschien ein Funkeln, welches ihre raubtierhaften Konturen noch zu unterstreichen schien. "Es scheint mir, Sie sind nicht ganz im Bilde, Lieutenant", erwiderte sie gefährlich sanft. "Weder über die derzeitige Situation noch über die allgemeinen Umstände, die Ihr... Bündnis mit den Fhoi Myore und den Fomorii begleiten." Sie löste sich von der Liege und durchquerte den Raum, um einige Befehle in eine in die Wand eingearbeitete Konsole einzugeben, die sich erst zeigte, nachdem sich die blendend weiße Schutzschicht, mit der der gesamte Raum ausgekleidet war, durch einen Mechanismus an dieser Stelle zurückgezogen hatte.
    "Die Fhoi Myore und besonders die Fomorii, die über die Fhoi Myore herrschen, wollen dieses Bündnis. Sie wollen es unter allen Umständen, Lieutenant. Es gibt eine Prophezeiung, die besagt, dass das Volk der Sternenfahrer die Welt von L'Lal'Loria vor dem Untergang retten und den uralten Krieg beenden wird. Eine Prophezeiung, die besagt, dass der Untergang der Bewohner L'Lal'Lorias durch die Sternenfahrer verhindert werden kann und dass das Kind der Erlösung sich aus ihren Reihen erheben wird, um L'Lal'Loria in eine neue Zeit zu führen."
    Sie ließ die Konsole wieder unter der weißen Schutzschicht verschwinden und wandte sich Sam erneut zu. "Das Zeichen, mit dem diese Prophezeiung und das Volk der Sternenfahrer auf den alten Trauerkarten der Fhoi Myore symbolisiert wird, ist das Ihrer Föderation. Sie und die Ihren sind die Sternenfahrer, auf die Fomorii und Fhoi Myore all ihre Hoffnung setzen. Und darum ist es für sie durchaus von Interesse, wenn Offiziere der föderativen Sternenflotte durch unsere Hand zu Tode kommen." Sie hielt einen Moment inne. "Abgesehen davon", fügte sie dann hinzu. "dass ihre Leute schon längst Da'Dana'Han erreicht haben und durch die Führung der Fhoi Myore oder durch die Fomorii selbst bereits von den Bedingungen erfahren haben dürften. Sie sehen also, Lieutenant... es ist an der Zeit, die nächste Runde dieses Spiels einzuläuten."
    Im selben Moment öffnete sich die Tür und zwei gepanzerte Wachen trugen hochmoderndes Film-Equipment herein. Schweigend begannen sie dieses in einiger Entfernung zur Liege aufzubauen und Nea trat erneut neben diese. Einen Moment schien sie geradezu gelangweilt bei dem Aufbau zuzusehen. Sie schwieg ebenso wie ihre Leute und eine drückende Stille senkte sich über den Raum, nur unterbrochen durch die Geräusche der Arbeitenden. Erst als diese fertig waren, schien sie aus ihren Überlegungen zu erwachen. "Lieutenant Ryno hat mich vorhin auf eine wunderbare Idee gebracht, wie ich gestehen muss", ertönte ihre Stimme im samtigsten Klang für alle Anwesenden. "Zwar hatte ich die ersten Hinrichtungen erst geplant, wenn wir eine negative Stellungnahme der Föderation erhalten hätten, doch ich muss meinem Gast recht geben - das Video wäre sicherlich deutlich... eindrucksvoller, änderten wir diesen Plan ein wenig. Bringt mir das jüngste Crewmitglied der Gefangenen", sagte sie zu den Wachen, die salutierten und gleich darauf verschwanden.
    Sams Protest, so er überhaupt kam, belastete sie nicht. Im Gegenteil sonnte sie sich darin. Denn ihre Ausführungen über die kurzfristige Planänderung waren eine schlichte Lüge gewesen. Natürlich hatte sie die erste Hinrichtung von vorneherein zu genau diesem Zeitpunkt haben wollen. Doch sollte die kleine Sternenflottenoffizierin ruhig denken, das Folgende sei ihre Schuld. Vielleicht würde ihr das den Mund stopfen und dafür sorgen, dass sie ihre Unverschämtheiten in Zukunft besser überdenken würde.
    Die Tür öffnete sich erneut und die Wachen hielten einen jungen Crewman von 16 Jahren fest in ihrem Griff. Wie Sam zuvor wurde auch er von dem grellen Licht des Raumes so stark geblendet, dass er zusammenzuckte und gequält die schmerzenden Augen schloss. Man konnte sehen, dass er leicht zitterte. Nea musterte ihn kurz, dann streckte sie die Hand aus und fuhr die noch immer stramm festgeschnallte Sam auf ihrer Liege nach oben und in die Horizontale, sodass sie genau in die Kamera sehen konnte. "Gut...", begann die Inquisitorin dann in einem geschäftigen Tonfall, als sei dies nur eine weitere Teambesprechung. "Lieutenant Ryno, seien Sie so gut und sagen Sie Ihren Leuten, die diese Nachricht zu sehen bekommen, welche Umstände Sie hier vorgefunden haben und wie Ihre Zukunftsaussichten sich weiter gestalten werden. Ich nehme an, Sie erinnern sich an die Bedingungen, die ich genannt habe. Doch lassen Sie mich zuerst sprechen."
    Damit nickte sie einer der Wachen zu, die die Aufnahme startete. Nea sah in die Kamera und setze erneut ihr kaltes Lächeln auf. "An alle der Fhoi Myore und Fomorii und natürlich besonders an alle 'Sternenfahrer', die diese Aufzeichnung sehen werden - im Namen der Mag Tuireadh grüße ich Sie! Mein Name ist General-Inquisitorin Nea Aldaar und ich halte Ihre Leute an einem Ort gefangen, den Sie nicht finden werden. Im übrigen rate ich Ihnen nicht, es zu versuchen. Ich bin sicher, die anwesenden Fhoi Myore werden Sie gerne darüber aufklären, warum es eine schlechte und recht aussichtslose Idee wäre. Sollten Sie es entgegen meinem Ratschlag dennoch versuchen, wird es weder Ihnen noch meinen Geiseln gut bekommen. Darauf haben Sie mein Wort."
    Sie hielt kurz inne und deutete neben sich auf die gefesselte Sam und weiter auf den jungen Crewman, den die Wachen noch immer eisern in der Zange hielten. "Ich nehme ebenso an", fuhr sie fort. "dass die Fhoi Myore Sie inzwischen über unsere Bedingungen aufgeklärt haben. Doch für den Fall, dass es Ihnen mehr Motivation einbringt, wenn es Ihnen eine Ihrer eigenen Leute noch einmal sagt, lasse ich nun Lieutenant Samantha Ryno sprechen. Sie wird Ihnen mitteilen, auf welcher Basis diese Geschichte ein gutes Ende nehmen wird. Ich schlage vor, Sie passen sehr genau auf, Sternenfahrer."

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  • Sam lauschte gespannt den Worten Neas, sie hatte tatsächlich nicht wirklich etwas von den Umständen des Bündnisses gewusst. Doch so langsam hatte sie das Gefühl, sie sei in einem schlechten Film gefangen. Während Nea sprach, merkte man ihr ihre Anspannung nicht an. Doch als die grandiose Idee fiel, den jüngsten der Gefangenen zu holen, da begann sie leicht zu zittern. Sollte sie wirklich Schuld daran sein, dass der eigentliche Plan geändert wurde?! Sollte sie nun Schuld sein, dass bald dieser junge Mann, der sein ganzes Leben noch vor sich hatte, vor ihren Augen sterben sollte? In dem Moment, als der junge Crewman reingeführt wurde, spürte Sam, wie sich ihr ganzer Körper sträubte. Sie würde sich am liebsten kneifen und einfach wieder in ihrem Quartier aufwachen. Das ist nur ein böser Traum, ein ganz böser Traum, murmelte sie leise. Einreden würde sicherlich helfen. Ganz bestimmt. Ihre Muskeln waren vor Aufregung angespannt, sie versuchte sich aus ihren viel zu engen Fesseln zu befreien, obwohl sie bereits vorher wusste, dass dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt war. Sam hatte Angst davor, was geschehen würde, falls sie wieder hier rauskam. Wie sollte man eine solche Hinrichtung bloß den Eltern des Jungen bei bringen?! Sie dachte in diesem Moment kurz an ihre eigene Tochter und wusste genau, dass ihre Gedanken abschweiften. Mit einem kurzen, leichten Kopfschütteln schaffte sie es, sich wieder ins hier und jetzt zu holen. Sie musste professionell bleiben. Sie war nicht umsonst Lieutenant und Führungsoffizierin der Ops. Als die Kamera los ging, war Sam mit ihren Gedanken wieder im Hier und Jetzt. Sie schnaufte kurz und tief durch, beobachtete Nea und hoffte, dass sich ihre Kollegen nicht zu sehr erschreckten, wenn sie sie nun wiedersehen würden, auf Video. Mittlerweile konnte man Sam ansehen, dass das ganze sie ziemlich mitgenommen hatte. Ihre Wunden in Gesicht und am Arm waren immer noch nicht verheilt. Ihre Augen waren dunkler und träger als sonst. Sie hatte hier kaum Ruhe bekommen, wie sollte sie auch. Nachdem Nea geendet hatte, wartete sie einen Moment, atmete tief durch und sah dann in die Kamera.
    "Ich werde mich kurzhalten.. Ich bitte euch alle nur, dass ihr euch an die Regeln haltet. Diese sind in Kurz, Die Förderation zieht sich aus dem Sternensystem von L'Lal'Loria zurück, Versprechen der Regierung, dass sie nie wieder einen Fuß in dieses System setzen. Im Gegenzug dafür, werden wir alle wieder freigelassen. Passiert nichts in diese Richtung und wir werden, einer nach dem anderen, hingerichtet. Alle 12 Stunden einer von uns. Und sie fangen mit dem jüngsten von uns an." Bei ihrem letzten Satz hing Sam merklich ein Kloß im Hals. Das war einfach zu viel. Sie riss sich zusammen und würde erst dann zusammenbrechen, wenn sie an der Reihe war, um hingerichtet zu werden. Den Gefallen eines Zusammenbruchs würde sie Nea nicht geben. Sie hoffte schließlich immer noch darauf, dass sie alle befreit wurden. Und dann wäre es ihr sicherlich ganz egal, ob Cait und Tokusawa dabei wären oder nicht, sie würde Jilko sicherlich nicht mehr so schnell wieder aus der ersten Umarmung nach der Befreiung loslassen. Sie würde diesen Mann nicht so schnell gehen lassen. Das war ihr nun noch einmal mehr vor Augen geführt. Ein Leben ohne ihn, das war unvorstellbar und doch musste sie da gerade durch. Sie hoffte allerdings auch, dass sie wieder zurückkehrte, damit er nicht erneut in ein Loch fiel. Und würde ihre Mannschaft es überhaupt verarbeiten können, zumindest so schnell, wie sie mussten, wenn sie nicht wieder zurückkam.

  • Nea lauschte Sam, während sie genau die Worte wiedergab, die sie ihr zuvor eingegeben hatte. Braves Mädchen. Noch nicht einmal ein Hauch von Protest war in ihr wahrnehmbar, als sie die Regeln ihrer Entführer wiederholte. Nea brauchte keinen Zusammenbruch. Leute, die zusammenbrachen, strengten nur an und waren zu nichts nütze. Sie brauchte jemanden, der unter ihrer Knute genau das tat, was sie von ihm oder ihr wollte und das hatte Sam getan. Entsprechend zufrieden trat sie nun erneut vor. "Ihr habt es gehört, Sternenfahrer. Tut das, was euch gesagt wurde und eure Leute werden leben und ohne nachhaltigen Schaden zu euch zurückkehren. Tut es nicht und das, was ihr gleich sehen werdet, wird mit jeder einzelnen Geisel geschehen, die wir hier festhalten."
    Mit diesen Worten gab sie den Blick frei auf den jungen Crewman, den die Wachen nun nach vorne zerrten. Er schrie auf vor Angst, wissend, dass etwas Schreckliches geschehen würde. Wissend, dass er der Erste sein würde. Wissend, dass er keine Befreiung aus dieser Gefangenschaft mehr erleben würde. Grob packten sie in sein Haar und rissen seinen Kopf zurück, während Nea ein scharfes Messer aus einer Halterung an ihrer Uniform zog und auf ihn zutrat. "Überlegt es euch gut, Sternenfahrer! Wir wissen nicht, was leere Drohungen sind!", rief sie laut, bevor sie die Klinge am Hals des Jungen ansetzte und ihm die Kehle durchschnitt.
    Blut strömte nun hervor, durchdrang innerhalb von Sekundenbruchteilen den Stoff seiner Uniform und legte sich auf die strahlend weiße Oberfläche der Umgebung, was den enormen Blutverlust nur noch deutlicher sichtbar machte. Durch die künstliche Beleuchtung des Raumes wirkte es beinahe grotesk, wie intensiv die Szene angeleuchtet wurde. Der Sterbende kämpfte röchelnd gegen das Unvermeidbare an, doch es dauerte nur Augenblicke bis er zu viel Blut verloren hatte und sein Widerstand erlahmte - nur einen Moment später sackte er tot in den Griffen der Wachen zusammen. Nea betrachtete ihn mitleidlos, dann wandte sie sich noch einmal zur Kamera. "Zwölf Stunden", sagte sie, dann gab sie das Zeichen, die Verbindung zu beenden.
    Sie wischte sich das Blut von der Klinge, bevor sie sich Sam zuwandte, die die ganze Szene wohl mitangesehen hatte, so sie die Augen nicht geschlossen gehalten hatte. "Bringt sie zurück in die Zelle", wies sie die Wachen an. "Und bringt die Leiche an die Oberfläche. Die Wüste wird sich darum kümmern." Daraufhin verließ sie ohne ein weiteres Wort den Raum. Eine der Wachen trat an Sams Liege heran und löste die strammen Metallfesseln, packte sie dann und zog sie heraus, um sie wieder zu ihren Leuten zu bringen.

    Einmal editiert, zuletzt von General-Inquisitor Aldaar ()

  • Sam versuchte ruhig zu bleiben. Sie versuchte das alles mit würde zu ertragen. Sie wusste, sie würde bei der Hinrichtung die Augen offen halten, damit sie dem jungen Crewman sozusagen die letzte Ehre erweisen könnte. Das war das mindeste, was sie tun konnte. Erst als ihre Fesseln gelöst und Nea den Befehl gegeben hatte, sie wieder in ihre Zelle zu bringen, schloss Sam die Augen und betete kurz zu Gott, damit er sich der Seele des Verstorbenen annehmen konnte und damit er Ihr Kraft gab, diese Höhle durchzustehen. Als sich Sams fesseln lösten, sackte sie erst kurz zusammen, weil ihr Beine für einen kurzen Moment nach gaben, unter dem Gewicht ihres Körpers. Sie ließ sich ohne Widerstand in die Zelle zerren. Sie hatte keine Kraft und keine Lust widerstand zuleisten. Sie bereitete sich innerlich darauf vor, den anderen in der Zelle zu erklären, dass der junge Crewman umgebracht wurde und dass ihnen allen dasselbe drohen würde. Allerdings würde sie keinen erzählen, wie das alles abgelaufen war. Auch hatte sie das Gefühl, dass ihre Kollegen, die mittlerweile mit den Foi Myhore und den Fomorii in Kontakt waren, sich nicht an die Regeln hielten, doch noch hoffte sie auf das Gegenteil. Als die Wachen sie, ohne Rücksicht auf Verluste, in die Zelle warfen, blieb sie einen Moment sitzen. Sie spürte die fragenden, bohrenden Blicke auf sich, schüttelte sich kurz und stand dann langsam auf. Sie sah mit traurigem Blick von einem zum anderen und spürte, dass sie nun nichts mehr sagen musste. Es lag eine traurige Stimmung über dem Team und keiner sagte etwas. Sie all hofften, länger als die nächsten 12h überleben zu können. Sam sackte erschöpft in einer Ecke zusammen und versuchte ihre Augen zu schließen, zur Ruhe zu kommen, ohne an den jungen Mann, der vor ihren Augen sein Leben verloren hat, zu denken.

  • Es hatte länger gedauert, als Nea erwartet hatte, bis die Antwort der Föderation eingetroffen war. Zwei Tage hatten sie sich Zeit gelassen und während dieser 48 Stunden hatten, wie angekündigt, vier weitere Crewmitglieder der Sternenflottenoffiziere den Tod gefunden. Darunter der Chefingenieur der Shinjitai Kaigun. An dieser plötzlichen Auswahl eines Führungsoffiziers war bereits ersichtlich gewesen, dass offenbar weder Rang noch Funktion darüber entschieden, wer ausgewählt wurde um zu sterben und wer noch eine längere Gnadenfrist bekam. Die Wahl schien willkürlich zu fallen und wenn es ein System gab, dann war es keines, welches den Offizieren einleuchten dürfte.
    Am Morgen des dritten Tages öffnete sich plötzlich außerhalb der Routine die Zellentür und Nea betrat diese, flankiert von zwei ihrer Wachen und Kolja, ihrem Stellvertreter. Zufrieden sah sie, wie einige der Offiziere zusammen zuckten, immer angespannt, immer Sklaven der Angst, dass das Los als nächstes auf ihre Freunde, ihre Partner oder auf sie selbst fallen könnte. Ihr war bewusst, dass die Gefangenen inzwischen jedes Zeitgefühl verloren haben mussten, dass nur die Wegführung eines weiteren Opfers ihnen eine morbide Orientierung bot und ihnen anzeigte, wann erneut zwölf Stunden verstrichen waren. Doch diesmal war sie nicht gekommen, um jemanden auszuwählen. Das hatte noch etwa vier Stunden Zeit. "Mein Name ist General-Inquisitor Nea Aldaar", stellte sie sich vor, da sie zu niemandem außer Sam bisher gesprochen hatte. "Keine Sorge, ich bin nicht hier, um jemanden dem Tod zu übergeben - zumindest noch nicht." Sie lächelte süffisant und biss sich einen Moment leicht auf die Unterlippe. Die Vorstellung des vielen Blutes, das noch fließen würde, regte sie auf eine Art an, wie sie den Raubtieren vorbehalten war. "Ich bin hier, um Ihnen allen die Antwort Ihrer Regierung zu bringen, die vor wenigen Stunden bei uns eingetroffen ist. Sie sollen wissen, dass sie es ablehnt, unseren Bedingungen zu folgen und mit uns zu verhandeln. Sie sollen wissen, dass Ihre Föderation, Ihre eigenen Leute sie im Stich gelassen haben. Dass sie willig akzeptieren, dass bereits fünf von Ihnen starben und es ebenso willig akzeptieren werden, dass auch der Rest von Ihnen sterben wird - zwei pro Tag bis uns die Geiseln ausgehen." Sie hielt einen Moment inne und sah in die ungläubig-verzweifelten oder stumpf und leer wirkenden Gesichter vor sich. "Falls Sie die Hoffnung haben - und ich kann Sie Ihnen nicht verdenken - dass Sie ohne unseren guten Willen von den Ihren aus dieser Situation gerettet werden können oder falls Sie gar der Meinung sind, selbst entkommen zu können, kann ich Ihnen versichern, dass beides nicht zutrifft. Und da ich Sie nicht alle an diesem kleinen Schauspiel teilhaben lassen kann, werde ich stellvertretend für Sie alle Lieutenant Samantha Ryno mit mir nehmen, um Ihr einige Dinge... zu verdeutlichen. Lieutenant..." Sie richtete ihren Blick auf Sam aus und deutete ihr mit einer Handbewegung an aufzustehen und zu ihr zu kommen. So sie dies nicht freiwillig tat oder sie Schwierigkeiten beim Aufstehen hatte, würden Neas Wachen dafür sorgen, dass sie dem Wunsch des General-Inquisitors dennoch nachkam.
    Und so führte sie sie aus der Zelle hinaus, ließ sie entweder folgen oder mitgeschleift werden durch die erbarmungslosen Hände der Wachen, ihr war es gleich. Schweigend gingen sie einige unspektakuläre Steingänge entlang. Bis auf das Geräusch ihrer Schritte schien es gänzlich still zu sein. Erst als sie einen der Aufzüge erreicht und diesen betreten hatten, wandte Nea sich zu Sam um und betrachtete sie einen Moment. Sie sah schrecklich aus. Die Hitze und die generellen Bedingungen unter denen die Gefangenen hausten, sorgten dafür, dass Hygiene nicht nur zu kurz kam, sondern quasi zu einem Fremdwort geworden war. "Nun denn, Lieutenant", begann sie. "Ich darf Sie beglückwünschen, denn Sie werden bald frische Luft atmen - zumindest so frisch, wie Tu'Hata sie anbietet", schmunzelte sie und der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung. Doch anstatt sofort in die Höhe zu schießen, glitt er seitwärts in einen Tunnel hinein und Dunkelheit senkte sich über die Anwesenden. Einige Minuten dauerte es, bevor die Geschwindigkeit gedrosselt wurde und der Fahrstuhl schließlich anhielt. Nea gab ein weiteres Kommando ein, dazu noch einen Code, der offenbar ihrer Sicherheitsstufe entsprach und die Fahrt wurde fortgesetzt, diesmal tatsächlich in die Höhe.
    "Dies wird ein wenig dauern", tat sie kund. Sie wirkte entspannt, ja geradezu gelassen, obwohl die Antwort der Föderation nicht dem entsprechen dürfte, was sie sich erhofft hatte. Tatsächlich begann sie darüber zu sprechen, während Sam spüren konnte, wie sie immer und immer weiter in die Höhe stiegen. "Wissen Sie, Lieutenant, schon als ich meine Bedingungen aussprach, wusste ich, dass Ihre Leute sie nicht einhalten würden. Es war eine Farce, doch ich wollte sehen, ob die Föderation anders ist, als ich dachte. Ob sie sich um ihre Leute sorgt anstatt die Augen auf den größten Profit zu richten. Doch das tut sie nicht, ebenso wenig wie die Heuchler auf Da'Dana'Han und Tui'Rean sich je um die Ihren gesorgt haben. Sie feiern es, wenn einer der Ihren stirbt, wussten Sie das? Sie besingen den Tod als sei er mehr als nur ein Mahnmal ihrer sterbenden Welt. Sie jaulen und weinen und jammern und suhlen sich in ihrem Elend, während sie junge Mädchen von ihren Familien fortreißen, um ihnen beizubringen, gekünstelte Lieder über die Toten zu dichten und mit schmerzvoll schöner Stimme vorzutragen, damit sie zu ihrem Elend noch ein wenig Hintergrundmusik haben. Niemand kümmert sich umeinander - werden sie geboren, so ist es nur zum Erhalt des Volkes, das langsam, aber unaufhaltsam ausstirbt. Sterben sie, so dienen sie eben diesem Volk zur Unterhaltung, während die königlichen Fomorii über allem thronen und ihre getreuen Elfen umherscheuchen. Mit so etwas Frieden schließen? Niemals!" Ihre Stimme war hart geworden in ihren Augen blitzte der Zorn. "Die Mag Tuireadh haben schon vor langer Zeit beschlossen, dass ein Leben losgelöst von den einstigen Brüdern und Schwestern die bessere Wahl ist. Dass Tiere die bessere Wahl sind als Fhoi Myore und Fomorii, denn die besten Tiere leben und jagen und sterben im Rudel. Sie überleben im Rudel. Sie haben nichts heuchlerisches an sich. Wenn wir uns vermischen müssen, um weiter zu existieren, dann lieber mit ihnen als mit den Fomorii!"
    In diesem Moment hielt der Fahrstuhl mit einem Ruck an und die Türen öffneten sich. Gleißend helles Licht und stechender Wind drang ihnen entgegen. Nea setzte nun den Helm auf und Sam blieb damit die Einzige, die den Umweltbedingungen schutzlos ausgeliefert war, während die Mag Tuireadh durch ihre Panzerrüstungen abgeschirmt wurden. Allein hätte sie sich wohl kaum überhaupt nur aus dem Fahrstuhl heraus bewegen können, so heftig war der Sturm, der ihnen entgegen wehte. Innerhalb von Sekunden lag eine feine Sand- und Staubschicht über ihrer Haut, ihrem Haar, ihrer Kleidung, sogar zwischen ihren Zähnen und auf ihrer Zunge. Draußen angekommen musste sie die Augen fest geschlossen halten, wollte sie nicht, dass der Sand auch in diese eindrang und so würde sie wohl oder übel halb blind mit denen gehen müssen, die sie führten und denen sie ausgeliefert war. Es dauerte vielleicht eine halbe Stunde bis der Sturm schließlich nachließ und das schrecklich helle Licht, das sogar durch ihre geschlossenen Augenlider gedrungen war, etwas gedimmt wurde. Die ganze Zeit über war es in schier unerträglicher Hitze bergan gegangen. Selbst für sie, die die heißen Regionen Terras gewöhnt war, musste jeder Schritt in diesen klimatischen Bedingungen eine Qual sein. Nur an Bewegung zu denken, musste schon dafür sorgen, dass der Schweiß ihr in Strömen ausbrach, ihre Kehle trocken wurde und die Haut ihre Lippen vor lauter Trockenheit aufbrach.
    "Gebt ihr Wasser, bevor sie das Bewusstsein verliert", hörte Sam Nea mit jener technisch verstellten Stimme sagen, die die Helme erzeugten und einen Moment später konnte sie das kühle Nass an ihren Lippen spüren. Nea wartete bis sie getrunken und sich ein wenig erholt hatte. Vor allem aber bis sie endlich die Augen geöffnet hatte, woraufhin Sam sehen konnte, dass sie sich im Inneren einer Höhle befanden. "Kommen Sie her", wies Nea ihren 'Gast' an, während sie selbst am Eingang dieser Höhle stand. "Kommen Sie her und bestaunen Sie die Schönheit Tu'Hatas!"
    Der Anblick, der sich Sam bot, als sie neben Nea trat, war auf seine Art gigantisch und furchteinflößend im selben Moment. Sie waren etwa auf mittlerer Höhe eines Berges. Geschützt durch die Höhle hatte man hier einen weiten Ausblick über die gesamte Gegend und meilenweit erstreckten sich vor Sam nichts als Sand, Staub und karger Fels über welche Stürme hinwegfegten und auf die die nahe Sonne unaufhaltsam und skrupellos niederbrannte. Nichts schien hier zu gedeihen. Kein Pflänzchen, nicht einmal ein Hauch von Wasser war zu sehen. Doch das war nicht das Erschreckendste. Weitaus bedrohlicher und von hier aus gut sichtbar waren ausgedehnte Felder rotglühender Lava, die fauchend und kochend auf diejenigen zu warten schienen, die dumm genug waren, ihnen zu nahe zu kommen. In einiger Entfernung konnte Sam außerdem zwei riesige Kuppeln ausmachen, die relativ nahe über dem Erdboden errichtet worden waren. Sie schienen einen gewaltigen Komplex zu überdachen, von dem mit dem bloßen Auge jedoch nicht viel zu sehen war.
    Nea zog für den Augenblick ihren Helm wieder ab und trat an Sam heran. "Sehen Sie es nun?", flüsterte sie ihr leise zu. "Sehen Sie nun, dass eine Flucht nichts wäre als purer Selbstmord? Wir müssten gar nicht viel tun... selbst wenn Sie und Ihre Leute es schaffen würden, unsere Sicherheitsvorkehrungen und all unsere technischen Schranken zu durchbrechen und von dort, wo wir Sie festhalten..." Sie deutete auf die Kuppeln in der Ferne. "... zu entkommen, ja selbst wenn Sie es schaffen würden, die Oberfläche zu erreichen - das Land würde sie ohne Schutzausrüstung innerhalb weniger Stunden, höchstens eines Tages töten. Und falls Sie glauben, dass Ihre Leute sie ins All beamen könnten, wenn Sie es nur schafften unseren Fängen zu entkommen und an die Oberfläche zu gelangen, werde ich Sie erneut enttäuschen müssen, Lieutenant. Über dem gesamten Orbit Tu'Hatas liegt ein Schutzschild, der dies unmöglich macht. Also fügen Sie sich in Ihr Schicksal und trauern Sie um den Verrat Ihrer Leute - denn Sie werden sie nicht lebend wiedersehen, wenn diese nicht zur Vernunft kommen und beginnen nach unseren Regeln zu spielen. Das verspreche ich Ihnen."

  • Sam saß mit angezogenen Knien, um die sie ihre Arme geschlungen hatte, in der hintersten Ecke. Sie wirkte, wie ein Stückchen Elend, das nur darauf wartet, dass sein Leben beendet wird. Nachdem der Chefingenieur der Shinjitai Kaigun bereits ausgewählt wurde, rechnete sie damit, dass ihr Stündchen auch bald geschlagen hatte. Sie war sich teilweise sogar fast sicher, dass ihr Team zur Rettung zu spät käme und trotzdem hatte sie in ihrer Gefangenschaft ihren Glauben an Gott wieder gefunden und betet oftmals vor sich hin.
    Als sich die Zellentüre öffnete, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Sie merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Die Wachen waren zu früh, der Abstand war deutlich kürzer als bei den vorangegangenen zwölf Stunden. Als Sam Neas Stimme hörte, lauschte sie gebannt den Worten der General- Inquisitorin. Mit der Entscheidung der Regierung hatte sie fast schon gerechnet. Doch erst die folgenden Worte stimmten Sam unglücklich. Sie bestätigten ihre Vermutung. Natürlich war es deprimierend, dass Nea all ihre Hoffnungen zerstörte, doch sie würde sich das nicht anmerken lassen. Sie würde ihren Kopf solange sie konnte, mit Stolz nach oben gerichtet tragen.
    Nur langsam konnte sie den Anweisungen Neas folgen, da ihre Muskeln, die derzeit kaum benutzt wurden, ihr einen Streich spielten. Für die Wachen war dies wohl zu langsam, da sie bereits an Sams Seite standen und sie mitzerrten. Sam ließ sich mit zerren, da ihre Füße ihr nicht mehr gehorchen wollten. Doch sie spürte, dass die starken Hände mit dem viel zu festen Griff Spuren an ihren Armen hinterließen. Sam achtete nicht auf die Wege. Das einzige, das sie wahrnahm, war der Wechsel der Umgebung als sie in den Aufzug geschleift wurde. Sie rappelte sich leicht auf und bemerkte erst jetzt, wie lange sie bereits in der Gefangenschaft war.
    "Ich sollte mich wohl freuen und bedanken für einen neuen Einblick in ihre Gastfreundschaft." Den leicht ironischen Unterton konnte Nea wohl noch erkennen, auch wenn er nicht mehr so stark war wie am Anfang. Sie litt sichtbar unter den Bedingungen und es fiel ihr schwer, es nicht zuzulassen, dass Nea ihr Abbauen mitbekam.
    Als sich der Aufzug dann endlich nach oben bewegte und Nea begann mit ihr zu reden, versuchte Sam ihr Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Doch es fiel ihr sehr schwer sich zu konzentrieren. Immer wieder nickte sie bei Neas Worten oder brummte ein "Mhm" vor sich her. Schließlich wollte sie zumindest den Eindruck von Aufmerksamkeit erwecken.
    Als sich die Türe des Fahrstuhls nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete, taumelte Sam, von der Hitze und dem Wind erschlagen, einen Schritt zurück. Sie weigerte sich den Fahrstuhl zu verlassen, doch erneut wurde sie von Neas Wachen, ohne Rücksicht auf Verluste, mitgeschleift.
    Ihre Augen kniff sie zusammen, aus Angst vor dem Sand. Sie versuchte so ruhig wie nur möglich zu atmen, damit sie nicht mehr Sand wie nötig aufnahm. Sie kämpfte. Sie kämpfte mit sich, mit den Temperaturen und allen anderen äußeren Begebenheiten. Ohne das Zerren und schleifen der Mag Tuireadh hätte sie wohl einfach aufgegeben.
    Sam war mehr als dankbar, als Nea den Befehl gab, ihr Wasser zugeben. Sie sackte zusammen und saugte die Flüssigkeit in sich auf, wie ein Schwamm, der seit Wochen ausgetrocknet war. Vorsichtig stand sie auf und trat mit kleinen Schritten an Nea heran, als diese sie dazu aufgefordert hatte.
    Sam schreckte bei dem Anblick zusammen, doch Neas Worte wertete sie eher als Ironie. Sie konnte weder der unerträglichen Hitze, noch der nie enden wollenden Wüste mit den kahlen Felsen oder der rotglühenden Lavalandschaft auch nur einen Funken Schönheit abgewinnen. Nach und nach, mit jedem weiteren Wort Neas, sackte sie innerlich zusammen. Ihre äußere Hülle blieb, trotz der harten Bedingungen stark, doch ihr Geist wurde schwach. Bei diesem Anblick und Neas Worten, verlor sie jegliche Hoffnung. Hoffnung ihr Schiff, ihre Station, ihr Team oder gar Jilko jemals wiederzusehen. Sie schickte ein Stoßgebet gen Himmel, damit Gott über Jilko wachen würde.

  • Eine tiefe Stille umgab Ishika, während sie den Weg der Seen entlang schritt. Kühles, taufeuchtes Gras strich an ihren nackten Füßen entlang und als sie das Ufer des ersten Sees erreichte und auf das Wasser und den gewundenen hölzernen Steg sah, der sie über den gesamten See auf dessen andere Seite führen würde, atmete sie tief durch und schloss die Augen. Über ihr sangen Vögel in blühenden Bäumen, der Wind war sanft, die Naturdüfte, die sie umgaben, mild. Es war ein perfekter Tag. Noch.
    Mit geschlossenen Augen setzte sie nun den ersten Fuß auf den Steg und begann langsam und achtsam weiter zu gehen. Für diesen Moment hatte sie keine Wahl, als ganz bei sich und dieser Übung zu sein. Die Windungen des Stegs waren zwar auf eine regelmäßige Art konstruiert worden, sodass man durch das Zählen der Schritte wissen konnte, wann man die Richtung ändern musste, dennoch war es eine Aufgabe, die dem sonst an die Benutzung aller seiner fünf Sinne gewöhnten Gehirn viel Disziplin und ein wenig Überwindung abverlangte. Der eingeschlagene Winkel musste bei einem Richtungswechsel immerhin ebenso stimmen wie die Zahl der Schritte und auch die geringe Breite des Stegs von nur knapp einem Meter wollte bedacht sein. Hochkonzentriert setzte Ishika ihre Schritte. Ihre Atemzüge waren tief und sie nutzte deren Regelmäßigkeit, um ihren Gang deren Rhythmus anzupassen. Nur ein Fehler und sie würde ins Wasser stürzen.
    Nun war es endlich still in ihr. Dringend hatte sie dies gebraucht, dringend hatte sie sich in eine solche Situation bringen müssen. Eine Situation, die die Echos vorwurfsvoller Stimmen in ihr zum Schweigen brachten. Eine Situation, die sie von dem Gefühl des Versagens reinigen konnte. Eine Situation, die frei war von dem Gedanken an die Mörderin, die die Militärpsychologen, welche ihr unterstanden, in das Corps gelassen hatten ohne auch nur im Ansatz den Verdacht zu hegen, dass diese Frau gefährlich sein könnte.
    Unmittelbar nachdem der Vorfall vor Gericht und das letztendliche Urteil in der Öffentlichkeit Bekanntheit erlangt hatten, war Kritik von allen Seiten auf Ishika und ihre Abteilung eingeprasselt. Nicht nur Kritik an den psychologischen Tests, die die Kandidaten für die Spezialkräfte mit Erfolg abzulegen hatten, bevor sie ins Corps eintreten konnten und die offenbar dennoch nicht verhindert hatten, dass eine solch emotional labile Person einen Weg hinein geschafft hatte - damit allein hätte Ishika umgehen können - sondern ebenso an ihrem Vorgehen auf Corsho. Es waren Vorwürfe laut geworden, die behauptet hatten, man habe mit Absicht nicht auf die Krankheit reagiert, habe die Bewohner der Kolonie als Versuchskaninchen für die neuste biologische Waffe missbraucht. Commodore Fey, die Befehlsverweigerin, war von vielen zur Heldin hochstilisiert worden, was durch ihren Aufenthalt im Gefängnis nur verstärkt wurde. Es gab Leute, die eine Märtyrerin in ihr sehen wollten - die Mutter, die sich mit den grausamen Machenschaften des Militärs nicht hatte abfinden können, ihnen ihr Kind nicht hatte opfern wollen und die im Zuge dessen über 2000 Kranken das Leben gerettet hatte. Ishika indes hatten diese Stimmen als kalte Soldatin verrissen, die ohne Regung eines schlechten Gewissens die ganze Kolonie hatte krepieren lassen wollen, obwohl sie nur ihre Pflicht erfüllt hatte. Wie jeden verdammten Tag.


    Doch diese Gedanken waren nun weit fort. Alles was hier zählte waren der Wind in ihrem Haar, das leise Rauschen des Wassers um sie herum und die richtig gesetzten Schritte, um ihre selbst gestellte Aufgabe zu erfüllen. So dachte sie zumindest, als ein Geräusch sie plötzlich innehalten ließ. Sie befand sich nun etwa auf der Mitte des Sees und außer dem Steg selbst gab es nichts als Wasser um sie herum. Und doch konnte sie Schritte hören. Schritte, die hastig näher kamen. Ebenso vernahm sie gleich mehrfach jenes unverkennbare metallene Scharren, das entstand, wenn ein Katana aus seiner Saya gezogen wurde. Ishika musste es in den letzten zwanzig Jahren tausende Male gehört haben und so legte sich ihre Hand auf den eigenen Schwertgriff. Mit geschlossenen Augen blieb sie stehen und wartete.
    Vor und hinter Ishika waren aus dem Nichts je drei Krieger aufgetaucht, die nun mit gezogenen Waffen auf sie zustürmten. Kurz vor dem Aufprall riss die bis dahin völlig still dastehende Frau jedoch ihr Katana hervor, glitt in einer einzigen Bewegung in den Ausfallschritt der Kampfhaltung und parierte den ersten Schlag des Kriegers vor sich zielgenau. Sie nutzte den dabei entstandenen Schwung, zwang ihn mit einem raschen Schritt nach vorne zum Zurückweichen und stieß ihn dann vom Steg. Im selben Moment fuhr sie herum, stieß das Schwert senkrecht nach vorne und der Gegner, der zuvor hinter ihr gewesen war und sein Katana von hinten zum Schlag gegen sie erhoben hatte, erstarrte, als die Klinge sich in seinen Unterleib bohrte. Er röchelte leise, dann sackte er zusammen und fiel ebenso vom Steg hinab ins Wasser.
    Blieben noch vier. Ishika hatte einen Sekundenbruchteil zu lange gebraucht, um das Schwert aus ihrem geschlagenen Gegner wieder hervorzuziehen, sodass der Nächste sie von hinten zu fassen bekam, einen Arm um ihren Hals schlang und zudrückte. Ihr Kehlkopf protestierte schmerzhaft und die Luft blieb ihr weg. Einem spontanen Impuls folgend hätte sie beinahe die Augen geöffnet, doch das wäre ein Versagen, das sie nicht bereit war, hinzunehmen. Nicht jetzt, wo alle Welt an ihr zweifelte. Stattdessen tat sie, was man mit unangenehmen Situationen immer tun sollte - sie nutzte sie zu ihrem Vorteil.
    Ishika stemmte sich gegen den Mann, der sie im Schwitzkasten hielt, griff um ihn herum, um sich noch mehr Halt zu geben und sprang, sodass sie mit beiden Beinen in die Waagerechte kam. Kraftvoll trat sie zu und der Krieger, der direkt vor ihr gerade den Versuch unternehmen wollte, ihr endgültig den Garaus zu machen, taumelte zurück, knickte mit dem Fuß an der Kante des Stegs um, fiel und versank ebenso im See. Derjenige, der Ishika hielt, wurde durch den Rückschlag des Tritts aus dem Gleichgewicht gebracht und stürzte, sodass sie mit dem Rücken auf ihm landete und die Gunst der Stunde nutzen konnte, um sich von ihm zu befreien. Sie sprang auf, griff ihr Katana fester, wirbelte herum und schlug ihm den Kopf ab, als sie hörte, dass er sich auf die Knie quälte.
    Zwei Gegner waren noch übrig. Sie kesselten sie ein und einen Moment lang rührte sich keiner der drei Samurai, die einander nun mit gezogenen Schwertern belauerten. Es wurde still - und dann ging plötzlich alles unglaublich schnell. Beide Männer stürmten gleichzeitig auf sie ein und sie machte den einen Schritt zur Seite, den sie machen konnte ohne ins Wasser zu stürzen, kam mit einem Fuß auf der Kante des Stegs auf, drehte sich und kam in den Rücken des Einen. Mit einem schnellen, gezielten Streich in Höhe der Nieren setzte sie ihn außer Gefecht. Der letzte Gegner sprang derweil über den Gefallenen hinweg und drang mit seiner Waffe auf sie ein. Sie versuchte zu parieren, doch im direkten Zweikampf mit den Katana war ihre selbst gewählte Blindheit eine wahre Schwäche und die Parade misslang ihr. Die Klinge streifte sie, riss ihren Kimono auf und ließ sie bluten, doch sie sprang rechtzeitig zurück, um nicht ernsthaft verletzt zu werden. Unter dem nächsten Schlag duckte sie sich weg, glitt in derselben Drehung auf die Knie und jagte ihre Klinge unter ihrem Ellbogen hindurch, als der Gegner auf die Kniende einstürmen wollte. Er sah zu spät, was sie vorhatte und lief frontal in die Klinge hinein. Ishika hörte ihn einen Moment keuchen, dann brach er zusammen - und verschwand. Ebenso wie die Anderen.
    Ishika atmete tief durch und erhob sich langsam. Sie führte das Tchiburri durch, die traditionelle Bewegung, um das Blut von der Klinge zu schleudern und steckte das Katana dann in die Saya. Es war vorbei. Doch ihre Augen blieben weiterhin geschlossen. Es galt, den Weg zum anderen Ufer zu beenden.


    Eine halbe Stunde später verließ Ishika das Holodeck. Die Übung war ein Erfolg gewesen, was ihrem Geist zu ein wenig mehr Ruhe verholfen hatte. Auch körperlich fühlte sie sich durch die Bewegung, die sie in den letzten zwei Stunden bekommen hatte, deutlich wohler. Diesen Effekt hatte sie in beiderlei Hinsicht erreichen wollen, denn nun galt es sich fertig zu machen. In einer Stunde würde das Schiff der Präsidentin vom Shepard Space Center abdocken und sich auf den Weg nach L'Lal'Loria machen und sie, Ishika, würde als militärische Beraterin mit an Bord sein. Dieser Gedanke entlockte ihr ein Lächeln.
    Bald. Bald würde sie Amano sehen. Sie wusste, dass ein Wiedersehen mit ihm allen Druck von ihr nehmen würde, auch wenn sie dienstlich dort sein und es mit Sarah und Nanami auch privat einige Dinge zu regeln geben würde. Doch das schreckte sie nicht. Es gab immer irgendetwas zu tun, immer irgendetwas zu regeln. Wahre Freizeit war in ihren jeweiligen Positionen selten und selbst dann wollten Familie, Freunde und natürlich die Angelegenheiten des Samuraiklosters von Shizuoka beachtet werden. Es gab keine Freizeit vom Lebensweg des Bushido, den sie beide für sich gewählt hatten und keiner von ihnen würde sie wollen. Ein Weg des ewigen Dienens und Gehorchens. Des ewigen Strebens nach Perfektion. Es war ein Weg, der ihnen alles abverlangte und Amano und Ishika hatten gelernt, die wenigen Momente des Friedens und der Zweisamkeit entsprechend zu genießen und intensiv zu nutzen. Sie wusste, dass es auch diesmal so sein würde und dass es genau das war, was sie nun brauchte, um sich zu trösten und wieder zu fangen für die Herausforderungen, die die nahe Zukunft bringen würde. Gestärkt durch die Gewissheit, dass die Pflicht vor allem anderen stand und dass sie auf Corsho getan hatte, was jeder gute Samurai getan hätte. Amano würde ihr schon sagen, ob sie einen Fehler gemacht hatte und nur wenn er einen solchen in ihrem Handeln erkennen konnte, musste sie die Kritik berühren, die man an ihr übte. Doch sie ahnte, dass dem nicht so sein würde. Ein Fehler wäre es nur, sich den auf sie zeigenden Fingern und den missbilligenden Worten zu ergeben. Es galt, stark und fest in ihren Überzeugungen zu bleiben und für diese einzustehen.
    Mit diesen Gedanken betrat sie eine knappe Stunde später das Schiff der Präsidentin, meldete sich vorschriftsmäßig zum Dienst und sah zu, als dieses startete und sich langsam von Shepard entfernte. Sie hatten eine weite Reise vor sich.

    Lieutenant General Ishika "Diamond" Tokusawa
    1st Controller of the 3rd M.A.C.O. Regiment Biohazard
    1st Controller of the Medical Research Institute of Infectious Deseases
    Member of the M.A.C.O. Special Operation Command


    "Wage ruhig einen großen Schritt, wenn er nötig ist. Über einen Abgrund kommt man nicht mit zwei kleinen Sprüngen."


    "Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst, sondern vielmehr die Erkenntnis, dass etwas anderes wichtiger ist als Angst."